Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

( 449) 
Die Bestimmungen über die Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Enderkenntnisse leiden 
auch hier Anwendung. Insbesondere gelten auch hier die Beschränkungen im Art. 350, 
Abs. 1, 2, 3, 6, sowie die Bestimmung im Schlußsatze des Art. 349. 
Fünfte Abtheilung. 
Von der Wiederaufnahme des Strafverfahrens. 
Art. 386. 
Gründe der Wiederaufnahme Seiten der Staatsanwaltschaft. 
Die Staatsanwaltschaft kann die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den 
Angeklagten beantragen: 
1) wenn nach erfolgter Einstellung des Strafverfahrens (Art. 125, Art. 2 35) oder 
nach erfolgter Straf= oder Klagfreisprechung des Angeklagten (Art. 302) sich er- 
giebt, daß die eine oder die andere durch falsches Zeugniß, Fälschung, Bestechung 
oder eine sonstige strafbare Handlung des Angeklagten oder einer dritten Person her- 
beigeführt worden ist, 
2) wenn das Verfahren wegen Mangels ausreichender Beweismittel nach Art. 125 
oder Art. 2 35 eingestellt worden ist und neue Thatsachen oder Beweismittel bei- 
gebracht werden, welche entweder schon vorhandene Verdachtsgründe verstärken oder 
neue Verdachtsgründe darbieten oder Entschuldigungsthatsachen, welche der erfolg- 
ten Einstellung unterlegen haben, beseitigen, 
3) wenn nach einer Klagfreisprechung (Art. 302) der Angeklagte gerichtlich oder 
außergerichtlich ein Geständniß der ihm beigemessenen That ablegt, oder wenn 
andere neue Thatsachen oder Beweismittel sich ergeben, welche schon an sich und 
ohne daß es eines Zurückgehens auf die Ergebnisse der früheren Beweisaufnahme 
in Betreff des Beweises der Thäterschaft gegen den Angeklagten bedarf, die Ueber- 
führung des letzteren, daß er die ihm beigemessene That begangen habe, zu begrün- 
den geeignet sind, 
4) wenn der Verurtheilte nach dem Enderkenntnisse gerichtlich oder außergerichtlich ein 
Geständniß ablegt, over andere neue Thatsachen sich ergeben, aus welchen hervorgeht, 
daß die Handlung desselben nach einem härteren Strafgesetze oder einem höheren 
gesetzlichen Strafsatze zu beurtheilen gewesen wäre. Es soll jedoch die Wiederauf- 
nahme nicht stattfinden, wenn es sich nur um die Wahl einer höheren Strafe 
innerhalb des gesetzlichen Strafmaaßes handelt. 
Erfolgte die Einstellung oder Freisprechung, weil ein unrichtiger Antragsteller aufge- 
treten war, so kann die Untersuchung wieder aufgenommen werden, wenn der wirklich zum 
Antrage Berechtigte solches verlangt oder neue Umstände sich ergeben, welche zeigen, vaß 
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