Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1856. (22)

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eingewendet hat, verhaftet und zur Verhandlung über das Rechtsmittel zwar ein Termin 
angesetzt, die Vorführung des Angeklagten zu dem Termine aber nicht verfügt worden, 
so ist der Angeklagte von dem Termine durch das Gericht, in dessen Gewahrsam er sich 
befindet, in Kenntniß zu setzen und zur Angabe dessen, was er etwa vorstellig zu machen 
gesonnen sein sollte, aufzufordern, das hierüber aufzunehmende Protocoll aber an das 
Oberappellationsgericht mit thunlichster Beschleunigung einzusenden. 
In gleicher Maaße ist zu verfahren, wenn das Bezirksgericht zu der Verhandlung 
über den Einspruch gegen das Erkenntniß des Einzelrichters die Vorführung des verhaf- 
teten Angeschuldigten nicht verfügt. 
6 67. 
Zu Art. 347, 379 der Strafproceßordnung. 
Wenn in zweiter Instanz auf das Rechtsmittel des Verurtheilten eine in erster Instanz 
erkannte Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe geringerer Art herabgesetzt wird, so ist diese 
Freiheitsstrafe niemals in einer längeren Dauer zu erkennen, als in welcher die schwerere 
Freiheitsstrafe in erster Instanz auferlegt worden war. 
68. 
Zu Art. 358 fg. der Strafproceßordnung. 
Die Thätigkeit der Behörden der gerichtlichen Polizei, wie solche im Art. 75 fg. näher 
bestimmt ist, erstreckt sich auch auf die vor den Einzelrichter gehörigen Strafsachen, jedoch 
dergestalt, daß der letztere hierdurch nicht behindert ist, die ihm erforderlich erscheinenden 
gerichtspolizeilichen Erörterungen selbst vorzunehmen. 
Wenn der Einzelrichter die Führung einer Untersuchung in einem einzelnen Falle 
einem Assessor oder einem mit dem Richtereide belegten Actuar überträgt, so wird hier- 
durch an dem Befugnisse und der Verpflichtung des Einzelrichters, wie solche in 88 11, 
12 des Organisationsgesetzes verordnet ist, nichts geändert. Nicht minder hat der Einzel- 
richter auch in diesen Fällen der Ertheilung des Erkenntnisses sich selbst zu unterziehen. 
Wird jedoch von dem Einzelrichter ein Verhandlungstermin nach Art. 364 angesetzt 
und mit Abhaltung vesselben ein Assessor oder Actuar von ihm beauftragt, so hat solchen- 
falls derjenige, welcher diesen Termin abhält, auch das Erkenntniß in der Sache zu ertheilen. 
869. 
Zu Art. 360, Schlußsatz der Strafproceßordnung. 
Durch diese Bestimmung wird das Befugniß des Staatsanwalts nicht ausgeschlossen, 
einer Entlassung, von welcher er Kenntniß erlangt, mit der im Art. 136, Abs. 6, be— 
merkten Wirkung zu widersprechen. 
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