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Zur Aufnahme in diefelbe sind nur unbescholtene Jungfrauen oder Wittwen, in der Regel
in dem Lebensalter von 17 bis höchstens 2 5 Jahren, befähigt. Dieselbe erfolgt auf Grund
einer vorgängigen Aufnahmsprüfung, in welcher sie sich über eine ausreichende Vorbildung,
welche den an einen Seminaradspiranten zu stellkenden Anforderungen gleichkommen muß, hin-
länglich ausgewiesen haben. Ihr Bildungscurs aber, dessen Zeitdauer noch näher zu be-
stimmen sein wird, schließt mit einer Prüfung vor einer eigens dazu niederzusetzenden Com-
mission, welche nach einem durch besondere Instruction zu bestimmenden Maaßstabe ihnen ein
Abgangs= und Prüfungszeugniß zu ertheilen oder zu verweigern haben wird.
Auf Grund eines derartigen Zeugnisses sollen sowohl Familien als Vorsteher von Privat-
instituten dergleichen Lehrerinnen annehmen können und berechtigt sein, Erstere ihren Kindern
bis zum zehnten Lebensjahre ohne Unterschied des Geschlechts und in allen Gegenständen des
Elementarvolksschulunterrichts, vom zehnten Lebensjahre an jedoch nur ihren Töchtern und mit
Ausschluß des Religionsunterrichts; Letztere dagegen nur ihren weiblichen Zöglingen in der
Unter= und Mittelclasse, und zwar von der Mittelclasse an ebenfalls mit Ausschluß des Re-
ligionsunterrichts, durch dergleichen Lehrerinnen Unterricht ertheilen zu lassen.
Inwieweit aber auch Collatoren und Schulbehörden unter Zustimmung der Ortsschul-
vorstände berechtigt sein sollen, dergleichen Lehrerinnen zum Dienste im öffentlichen Schulamte
herbeizuziehen und entweder in blosen Mädchenschulen oder in Elementarclassen mit gemischten
Geschlechtern zu verwenden, bleibt künftiger Bestimmung auf Grund erst noch zu machender
Beobachtung und Erfahrung vorbehalten.
Im Uebrigen soll die fragliche Anstalt vor der Hand und bis auf Weiteres unter der aus-
schließlichen Aufsicht und Controle Seiten des Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unter-
richts stehen; auch sollen Lehrerinnen, welche in Privatanstalten, wie z. B. im Frauenschutze rc.,
ihre Ausbildung erhalten haben, nach Erstehung der vorgedachten Prüfung gleiche Amsprüche
und Rechte zustehen.
K 60) Verordnung
über vie Verwendung von Lehrerinnen zum Unterrichte und wegen Erlassung eines
Regulativs über die von denselben zu bestehenden Prüfungen;
vom 17ten Juni 1859.
D- die Verwendung von Lehrerinnen zur Ertheilung eines allgemeine Bildung bezweckenden
Unterrichts auch in hiesigen Landen immer mehr an Ausdehnung gewinnt und namentlich zur
Erziehung der weiblichen Jugend mit wahrem Nutzen geschehen kann, zur Bildung tüchtiger
Lehrerinnen aber von dem nunmehr verstorbenen Fürsten Otto Victor von Schönburg-Walden-
burg Durchlaucht im Jahre 1856 ein besonderes Seminar zu Callnberg bei Lichtenstein ge-