Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

Fortsetzung. 
Fortsetzung. 
Einrichtung 
der Befragung. 
(142 ) 
Das Untersuchungsgericht kann den Zeugen, wenn es solches für zweckmäßig erachtet, außer- 
halb der Gerichtsstelle, insbesondere an dem Orte, an welchem die That verübt oder die bezüg- 
liche Wahrnehmung von dem Zeugen gemacht worden, abhören. 
Bei Abhörung von Zeugen, welche der deutschen Sprache, oder der Rede, oder des Gehörs, 
oder beider nicht mächtig sind, ist in Gemäßheit der Vorschriften von 6§ 139, 140, 141 
zu verfahren. 
197. Der Zeuge wird ermahnt, nach der ihm beiwohnenden Wissenschaft allenthalben 
die reine und unverfälschte Wahrheit anzugeben, nichts zur Sache Gehöriges zu verschweigen 
und überhaupt seine Aussage so einzurichten, daß er sie auf Erfordern mit unverletztem Ge- 
wissen eidlich bestärken könne. 
* 198. Der Richter fragt den Zeugen über Namen, Alter, Religion, Stand oder Ge- 
werbe und Wohnort, ob er mit dem Verletzten oder dem Angeschuldigten verwandt oder 
verschwägert oder bekannt sei, nicht minder über seine sonstigen persönlichen Verhältnisse, 
namentlich in Beziehung auf den Verletzten und den Angeschuldigten, soweit sie auf seine Aus- 
sagen und deren Glaubwürdigkeit Einfluß haben können. 
*199. Bei der Abhörung übex die Sache selbst ist der Zeuge von dem Gegenstande 
seines Zeugnisses, soweit nöthig, in Kenntniß zu setzen, sodann zu einer zusammenhängenden 
Erzählung über letzteren aufzufordern, hierauf aber, nach Befinden, durch weiteres Befragen 
zur Ergänzung derselben und zur Hebung von etwaigen Dunkelheiten oder Widersprüchen zu 
veranlassen. 
Die Fragen an den Zeugen sind deutlich und bestimmt zu fassen und ist überall der Grund 
seines Wissens zu erforschen. 3 
Der Zeuge hat die Fragen mündlich (vergl. jedoch § 196 am Schlusse) zu beantworten; 
es können aber daneben von ihm freiwillig oder auf Verlangen des Richters schriftliche nähere 
Nachweisungen und Auslassungen zu den Acten gegeben werden. 
Vor dem Schlusse der Abhörung ist der Zeuge zu befragen, ob ihm noch ein zur Sache 
gehöriger erheblicher Umstand bekannt sei. Auch kann ihm Stillschweigen wegen seiner Aus- 
sage auferlegt werden. 
Der Zeuge kann die Beantwortung einer Frage ablehnen, wenn aus der Frage selbst 
erhellt, oder sonst von dem Zeugen glaubhaft gemacht wird, daß eine Erklärung darauf zu seiner 
eigenen Schande oder zur Schande eines seiner Angehörigen gereiche. 
Würde die Ablegung des Zeugnisses oder die Beantwortung einer Frage für den Zeugen 
einen unmittelbaren und bedeutenden Vermögensnachtheil nach sich ziehen, so soll er, wenn er 
deshalb das Zeugniß verweigert, nur in besonders wichtigen Fällen dazu angehalten werden 
können.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.