Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1874. (40)

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Stellt sich nach einigen Minuten keine Spur von Athem ein, so lege man den 
Körper auf den Rücken auf eine etwas schräge Fläche, so daß der Oberkörper höher 
liegt, schiebe unter Kopf und Genick eine zusammengerollte Decke, ziehe die Zunge 
aus dem Munde hervor und erhalte sie in dieser Lage entweder durch Festhalten 
oder durch ein um Kinn und Zunge geschlungenes Band. 
Der, welcher die weiteren Versuche leitet, stelle sich dann hinter den Kopf des Er— 
trunkenen, ergreife beide Arme desselben dicht über den Ellenbogen, ziehe sie sanft, 
aber fest aufwärts über den Kopf des Ertrunkenen, halte sie so 2 Secunden lang 
aufwärts gestreckt, führe sie darauf wieder abwärts und drücke sie sanft, aber 
fest, 2 Secunden lang gegen die Seiten der Brust. Dieses Auf- und Abwärtsführen 
der Arme wiederhole man etwa 10 mal in der Minute so lange, bis Athembeweg— 
ungen bemerkbar werden. 
Sobald der so Behandelte zu athmen beginnt, lasse man ihn ruhig in der Rücken— 
lage verharren und suche Wärme und Blutumlauf zu fördern, indem man die Glieder 
aufwärts stark mit Tüchern reiben läßt, an die Herzgrube und die unteren Körpertheile 
Wärmflaschen legt und den ganzen Körper in Decken oder in Betten warm einhüllt. 
Tritt Fähigkeit zu schlucken ein, so lasse man von Zeit zu Zeit ein wenig er- 
wärmtes Wasser mit etwas Wein oder Branntwein, oder auch Kaffee oder Thee trinken. 
Die Versuche müssen unverdrossen (wenn es nöthig ist, Stunden lang) fortgesetzt 
und dürfen dann erst eingestellt werden, wenn zunehmende Kälte und Blässe des Körpers 
den Tod andeuten. 
2. Erhängte und Erwürgte. 
Man löse vor Allem die Einschnürungsmittel, jedoch vorsichtig, damit 
der hängende Körper nicht herabfällt. 
Dann bringe man den Körper in eine sitzende Stellung, im Freien oder bei 
offenen Thüren und Fenstern; löse alle engen Kleidungsstücke; bespritze Ge- 
sicht und Brust mit kaltem Wasser, mache kalte Umschläge um den Kopf, reinige 
Mund und Schlund und kitzle den Schlund mit einem Federbarte, halte Salmiak- 
geist an die Nase, lege Senfteige an die Waden; bürste die Fußsohlen, reibe die 
unteren Gliedmaßen mit wollenen Tüchern oder mit Senfspiritus; brenne auf der 
egt ein mit Spiritus befeuchtetes Läppchen ab, oder tröpfle Siegellack auf die 
rust. 
Zeigt sich keine Spur von Athem, so mache man genau dieselben Wen- 
dungen des Körpers und Bewegungen der Arme, wie sie bei Ertrunkenen vor- 
geschrieben sind. 
1874. 51
	        
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