fullscreen: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Andersdenkende, auch wo politische Motive nicht in Betracht kamen, 
wird er von Capito entschieden übertroffen. Sämmtliche Straß- 
burger Prediger gehören jenem Typus des Vermittelungstheologen 
an, den man sich gewöhnlich unter Schleiermacher vorstellt. 
Martin Butzer war als der Sohn eines Küfers in Schlettstadt 
1491 geboren. Drang zu den Wissenschaften, Armuth der Eltern, 
Wunsch baldiger Versorgung trieben ihn den Dominicanern in die 
Arme. Aber dieser einst so erleuchtete Orden war längst der un- 
wissendste geworden. Man haßte Bildung und Wissenschaft und 
tyrannisirte die Ordensglieder, die sich einfallen ließen, nach Höherem 
zu streben. Butzer hat sein Latein, sein Griechisch, seine Bücher und 
seine Arbeiten den eifersüchtigen Obern mühsam abkämpfen müssen. 
Er fühlte sich wie im Gefängnis. Und vollends seit Luthers 
Schriften und bei zufälliger Berührung Luthers Person ihm be- 
geisternd und erweckend nahegetreten war, haßte er die weiße Kutte, 
die er trug. 
Es war das Verdienst Ulrichs von Hutten und seiner Freunde, 
ihn aus dieser Lage befreit zu haben. Bei Sickingen auf der Ebern- 
burg fand er Zuflucht. Als Sickingenscher Pfarrer zu Landstuhl 
heirathete er Elisabeth Silbereisen, eine ehemalige Nonne. Und da 
Sickingen ihn wie Hutten und andere entließ, um sie nicht in sein 
Schicksal zu verwickeln, so wandte er sich im November 1522 nach 
Weißenburg, um daselbst die erste evangelische Gemeinde einzurichten. 
Aber seines Bleibens sollte dort nicht lange sein. Sickingen 
war gefallen, und die siegreichen Truppen seiner Feinde wurden allen 
Anhängern des Evangeliums auch im nördlichen Elsaß gefährlich. 
Ende April 1523 verließ daher Butzer die Stadt — bei Nacht, 
zu Fuße, begleitet von seiner kränkelnden Frau, die stündlich ihre 
Niederkunft erwartete — und wanderte nach Straßburg. 
Er hatte drangvolle Wochen durchzukämpfen, und seine Aus- 
sichten waren sehr düster. Als ein abtrünniger in die Ehe getretener 
Priester befand er sich im Bann, und das bischöfliche Gericht ver- 
langte seine Auslieferung. Aber nachdem er Gelegenheit gefunden,
	        
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