Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1898. (64)

Fortsetzung. 
Fortsetzung. 
Gründe für 
sofortige 
Aufhebung des 
Gesinde- 
vertrags: 
a) auf Seiten 
der Dienst- 
herrschaft. 
— 122 — 
seits das Gesinde, welches zur Bewirthschaftung des Grundstücks gemiethet ist, an den 
mit dem Vorbesitzer oder dem abgegangenen Pachter geschlossenen Dienstvertrag für die 
Zeit, auf welche der letztere eingegangen worden ist, oder in Ermangelung einer solchen 
Bestimmung bis zur nächsten gesetzlichen Abziehzeit (§§ 18 und 19) gebunden, wenn 
nicht eine Vereinbarung über die sofortige Aufhebung zu Stande kommt. Irn letzterem 
Falle hat das abgehende Gesinde an Lohn und anderen Gebührnissen über die Zeit des 
Abzugs hinaus keinen Anspruch, weder an den neuen Besitzer, noch an den Besitzvorgänger 
als seinen Miether. 
& 8#1. Dieselben Bestimmungen gelten auch, wenn nicht eine ganze landwirthschaft- 
liche Besitzung, sondern nur ein einzelner Wirthschaftszweig, der aber einen abgesonderten 
in sich geschlossenen Theil derselben ausmacht, z. B. ein Vorwerk, Brauerei, Brennerei, 
Ziegelei, Kalk= oder Steinbruch u. s. w. für sich allein veräußert oder verpachtet wird, 
jedoch nur bezüglich des ausschließlich für diesen Wirthschaftszweig gemietheten Gesindes. 
###22. Die freiwillige oder unfreiwillige Aufhebung eines solchen besonderen Zweiges 
der Bewirthschaftung von Seiten des Besitzers, wenn dabei keine Veränderung in der 
Person des letzteren vorgeht, befreit denselben nicht von der Erfüllung seiner Verbind- 
lichkeit gegen das zu diesem Geschäfte gemiethete Gesinde; vielmehr treten solchenfalls 
wegen der Entschädigung die Bestimmungen der §§ 56 und 90 ein. 
B. Ohne Aufkündigung und sofort kann die Dienstherrschaft ein Gesinde ent- 
lassen: 
1. wenn dasselbe die Dienstherrschaft oder deren Familie durch Thätlichkeiten, Schimpf- 
und Schmähworte oder ehrenrührige Nachreden beleidigt, oder durch boshafte 
Verhetzungen Zwistigkeiten in der Familie anzurichten sucht; 
. wenn es sich beharrlichen Ungehorsam und Widerspenstigkeit gegen die rechtmäßigen 
Befehle der Herrschaft zu Schulden kommen läßt; 
l.l wenn das Gesinde in dem § 58 genannten Falle die Krankenpflege verweigert; 
4. wenn es sich den zur Aufsicht über das Gesinde bestellten Haus= und Wirthschafts- 
beamten mit Thätlichkeiten oder groben Schimpf= und Schmähreden bei Ver- 
waltung ihres Amtes widersetzt; 
5. wenn es die Kinder der Herrschaft zum Bösen verleitet oder verdächtigen Umgang 
mit ihnen pflegt; 
6. wenn es die ihm zur Wartung anvertrauten Kinder durch üble Begegnung oder 
Nachlässigkeit in Gefahr versetzt; 
7. wenn es sich des Diebstahls, des Betrugs, der Entwendung, Unterschlagung oder 
Untreue schuldig macht, oder sein Nebengesinde zu dergleichen verleitet, oder die 
wahrgenommenen derartigen Vergehungen desselben der Herrschaft nicht anzeigt; 
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