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A.
Wechanntfmachung
des Herrn Reichskanzlers,
die Behandlung der bei Reichs= und Landeskassen eingehenden nachgemachten,
verfälschten oder nicht mehr umlaufsfähigen Reichsmünzen betreffend;
vom 9. Mai 1876.
Auf Grund des Artikel 7 der Reichsverfassung hat der Bundesrath in seiner Sitzung
vom 24. März 1876 nachstehende Bestimmungen über die Behandlung der bei Reichs-
und Landeskassen eingehenden nachgemachten, verfälschten oder nicht mehr umlaufsfähigen
Reichsmünzen beschlossen:
I. (Falschstücke.) 1. Sämmtliche Reichs= und Landeskassen haben die bei ihnen ein-
gehenden nachgemachten oder verfälschten Reichsmünzen (§§ 146 bis 148 des Straf-
gesetzbuchs) anzuhalten.
2. Wird ein eingehendes Falschstück als solches von den Kassenbeamten ohne weiteres
erkannt, so hat der Vorsteher der Kasse sofort der zuständigen Justiz= oder Polizeibehörde
Anzeige zu machen und das angehaltene Falschstück vorzulegen, unter Beifügung des ein-
gegangenen Begleitschreibens, Etiketts u. s. w., beziehungsweise der über die Einzahlung
aufzunehmenden kurzen Verhandlung.
3. Erscheint die Unechtheit eines Stückes zweifelhaft, so ist dasselbe, nachdem dem
bisherigen Inhaber eine Bescheinigung über den Sachverhalt ertheilt worden, an das
Münzmetalldepot des Reiches bei der Königlich Preußischen Münzstätte in Berlin (Unter-
wasserstraße 2 bis 4), und zwar, wenn das Stück in Bayern, Sachsen, Württemberg,
Baden, Hessen oder Hamburg angehalten ist, durch Vermittelung der Landesmünzstätte
einzusenden. Die Königlich Preußische Münzstätte in Berlin wird diese Stücke einer
Untersuchung unterwerfen und
a) im Falle der Echtheit für Rechnung des Reiches den Werth der einsendenden Kasse
zur Aushändigung an den Einzahler zusenden lassen, die Münzstücke aber, sofern
sie zum Umlauf nicht geeignet sind, zur Einziehung bringen;
b) im Falle der Unechtheit das Falschstück an die einsendende Kasse zurückgeben, damit
dieselbe in Gemäßheit der Vorschrift unter I, 2 verfahre.
II. (Gewaltsam u. s. w. beschädigte Münzen.) Durch gewaltsame oder gesetzwidrige
Beschädigung am Gewicht verringerte echte Reichsmünzen (§ 150 des Strafgesetzbuchs)
sind von den Reichs= und Landeskassen gleichfalls anzuhalten.