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Gesetz= und Verordnunggablatt
für das Königreich Sachsen.
13. Stück vom Jahre 1899.
Juhalt: Nr. 57. Verordnung, die Anzeigepflicht beim Auftreten der Pest betr. S. 415. — Nr. 58. Ver-
ordnung, die Anmeldepflicht der Aerzte und Zahnärzte betr. S. 416. — Nr. 59. Verordnung, die
Vollstreckung von Gefängnißstrafen an Personen weiblichen Geschlechts betr. S. 417. — Nr. 60. Verord-
nung, die Verlegung der Weiberkorrektionsanstalt betr. S. 418. — Nr. 61. Verordnung, die für den
Bezirk des Amtsgerichts Jöhstadt zuständige Kammer für Handelssachen betr. S. 419. — Nr. 62. Ver-
ordnung, die Bestellung von Kommissaren für die Ergänzungswahlen zur II. Kammer betr. S. 419. —
Berichtigung. S. 421.
Nr. 57. Verordnung,
die Anzeigepflicht beim Auftreten der Pest betreffend;
vom 13. September 1899.
Da- die Pest im Laufe dieses Jahres nicht nur bis in die Nähe von Europa vor-
gedrungen, sondern auch bereits in Europa selbst aufgetreten ist, somit aber die Gefahr
der Einschleppung dieser Krankheit nach Deutschland näher gerückt erscheint, so wird
hierdurch Folgendes verordnet:
1. Sobald ein Mensch an Pest oder unter pestverdächtigen Erscheinungen erkrankt
oder stirbt, ist hierüber sofort der Ortspolizeibehörde (Stadtrath, Bürgermeister,
Gemeindevorstand, Gutsvorsteher) schriftlich oder mündlich Anzeige zu erstatten.
2. Verpflichtet zur Erstattung dieser Anzeige sind
a) der behandelnde Arzt,
b) jede sonst mit der Behandlung oder Pflege des Erkrankten beschäftigte Person,
c) der Haushaltungsvorstand,
d) derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Erkrankungs= oder Todesfall
sich ereignet.
Die Verpflichtung der unter b bis d genannten Personen tritt nur dann ein, wenn
ein früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist.
Ausgegeben zu Dresden den 29. September 1899. 60