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84. Die in 8 2 des Gesetzes den Leichenschauern auferlegte Verpflichtung zur
Anzeige ist innerhalb des Königreichs Sachsen von den Leichenfrauen, in Orten aber,
in welchen Leichenschauärzte angestellt sind, von diesen zu erfüllen.
85. Die Beschaffung der Meldekarten für schriftliche Anzeigen (§ 4 des Gesetzes,
Grundsätze unter O Ziffer 2 und Anlage A) bleibt den Polizeibehörden überlassen.
Dieselben haben auch bei drohender Seuchengefahr sich rechtzeitig mit einem ausreichen-
den Vorrath von Formularen für die wöchentlich dem Kaiserlichen Gesundheitsamte ein-
zusendenden Nachweisungen (Anlage 4 der vorläufigen Ausführungsbestimmungen in der
Bekanntmachung des Reichskanzlers) und der fortlaufend über Pestfälle zu führenden
Listen (Anlage B der Grundsätze unter (0) zu versehen, vergl. § 11 dieser Verordnung.
Frankirung der mit der Post eingehenden Anzeigen seiten der nach §§ 2, 3 des
Gesetzes Verpflichteten haben die Polizeibehörden nicht zu beanspruchen.
&é. Zuständige Behörden im Sinne von § 9 des Gesetzes a. E., ingleichen zu-
ständig zum Erlaß von Anordnungen nach § 10 des Gesetzes sind — unbeschadet der
nach § 2 dieser Verordnung den Kreishauptmannschaften ertheilten Ermächtigung —
in Städten mit Revidirter Städteordnung die Stadträthe,
im übrigen die Amtshauptmannschaften.
& J. Unter zureisenden Personen (§ 13 des Gesetzes und Ziffer 1 der vorläufigen
Ausführungsbestimmungen in der Bekanntmachung des Reichskanzlers) sind nicht nur orts-
fremde Personen, die von auswärts eintreffen, sondern auch ortsangehörige Personen zu
verstehen, die nach längerem oder kürzerem Verweilen an einem von der gemeingefähr-
lichen Krankheit betroffenen Orte oder Bezirke nach Hause zurückkehren.
Im übrigen wird zu erwägen sein, inwieweit die Einführung der Meldepflicht etwa
auch im Vorortverkehr oder im Verkehr zwischen unmittelbar aneinander grenzenden
Orten nothwendig und durchführbar erscheint.
88. Die Versorgung anderweiter geeigneter Unterkunft in den Fällen der §§ 14
und 18 des Gesetzes (Ziffer 2 der vorläufigen Ausführungsbestimmungen in der Bekannt-
machung des Reichskanzlers) liegt den Gemeinden, in selbständigen Gutsbezirken den
Gutsherrschaften ob. Die wegen Bereitstellung von ausreichenden Krankenräumen er-
forderlichen Entschließungen sind bei Zeiten zu fassen.
6# 9. Da die Bekämpfung namentlich der Ratten= und Mäuseplage (§ 20 des Ge-
setzes, Ziffer 6 der vorläufigen Ausführungsbestimmungen in der Bekanntmachung des
Reichskanzlers) erfahrungsgemäß äußerst schwierig und zumeist auch zeitraubend ist, so
empfiehlt es sich dringend, Maßregeln zur Vertilgung und Fernhaltung dieses Ungeziefers
rechtzeitig und möglichst schon vor dem Eintritt einer Pestgefahr zu ergreifen
oder anzuordnen.
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