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2. Zur Erleichterung der Anzeigeerstattung empfiehlt es sich, die Benutzung un-
frankirter Postkarten, welche auf der Vorderseite den Vermerk „Portopflichtige Dienstsache“
tragen, thunlichst zu fördern. Zu diesem Behufe haben die Polizeibehörden einen ent-
sprechenden Vorrath solcher Karten zu beschaffen, mit einem Abdruck ihres Dienstsiegels
oder Dienststempels zu versehen und in Zeiten drohender Pestgefahr unentgeltlich für die
Benutzung zur Verfügung zu stellen, insbesondere an Aerzte, Krankenpfleger, Leichen-
schauer 2c. zu vertheilen. Die Postkarten sollen auf der Rückseite den aus der Anlage
ersichtlichen Vordruck erhalten.
3. Auf Grund der erstatteten Anzeigen haben die Ortspolizeibehörden für die sicher
festgestellten Pestfälle Listen nach dem beigefügten Muster fortlaufend zu führen.
4. Die Polizeibehörden haben, sobald sie von dem Ausbruch oder dem Verdachte
des Auftretens der Pest Kenntniß erhalten, für eine thunlichst beschleunigte Benachrichtigung
des beamteten Arztes behufs Vornahme der im § 6 des Gesetzes vorgeschriebenen Er-
mittelungen Sorge zu tragen.
5. Von jedem ersten, nach den Ermittelungen des beamteten Arztes vorliegenden
Falle von Pest oder Pestverdacht in einer Ortschaft ist alsbald dem Kaiserlichen Gesund-
heitsamte Nachricht zu geben. Die endgültige Feststellung dieser Pestfälle hat durch
besondere Sachverständige zu erfolgen, welche von den Landes-Zentralbehörden im voraus
bestimmt und eintretenden Falles sogleich an Ort und Stelle entsendet werden. Das
Ergebniß der Untersuchung ist unverzüglich dem Kaiserlichen Gesundheitsamte mitzutheilen.
6. Die in Nr. 11 unter a der Ausführungsbestimmungen und in Nr. 5 der
„Grundsätze“ vorgeschriebenen Mittheilungen an das Kaiserliche Gesundheitsamt sind auf
telegraphischem Wege zu bewirken. In Berlin und dessen Vororten sind die Mittheilungen
durch besondere Boten zu übersenden, sofern dies zu größerer Beschleunigung beiträgt.
7. Für die bakteriologische Feststellung der Pestfälle ist den mit dieser Aufgabe
betrauten Sachverständigen eine Anleitung an die Hand zu geben. Auch sind die zu-
ständigen Stellen mit einer Anleitung zur Entnahme und Versendung pestverdächtiger
Untersuchungsobjekte zu versehen. Beide Anleitungen werden vom Reichskanzler aufgestellt
und den Bundesregierungen mitgetheilt.
8. Schon vor der endgültigen Feststellung des Ausbruchs der Pest hat die Polizei-
behörde, sofern an einem Orte ein pestverdächtiger Krankheits= oder Todesfall sich zeigt,
die zur Verhütung der Weiterverbreitung der Krankheit erforderlichen Maßnahmen zu
treffen. Bei Gefahr im Verzuge hat der mit den Ermittelungen über die Krankheit
betraute beamtete Arzt einstweilen die gebotenen Maßregeln anzuordnen.