Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1900. (66)

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aufwendet, für die Veranlagung zur Steuer als dessen Einkommen angenommen werden 
kann, ist zunächst von dem Vorhandensein der beiden Voraussetzungen abhängig, daß 
a) derselbe innerhalb Landes eine eigene Haushaltung hat und 
b) sein Einkommen geringer ist als die Summe seines Verbrauchs. 
Zu a. Die hauptsächlichsten Merkmale einer eigenen Haushaltung im Sinne 
des Gesetzes sind eine selbständige Existenz, d. h. ein selbständiges, durch eigene 
Erwerbsthätigkeit oder aus eigenem Vermögen unterhaltenes Leben, dessen Begriff durch 
den Hinzutritt von Unterstützungen seiten dritter Personen nicht ausgeschlossen wird, 
und die Haltung einer besonderen Wohnung, gleichviel ob in eigenen, ermietheten 
oder unentgeltlich oder gegen die Verpflichtung zu gewissen Dienstleistungen überlassenen 
Räumen. Wenn indessen jemand, der an sich eine selbständige Existenz hat, dem Haus- 
halte eines Anderen, ohne hierzu durch Berufs- oder Familienbeziehungen zu demselben 
genöthigt zu sein, freiwillig sich anschließt, so wird für ihn der Begriff der eigenen 
Haushaltung ungeachtet des Mangels einer besonderen Wohnung nicht aufgehoben. 
Andererseits ist, wenn zur Haltung einer besonderen Wohnung die Begründung eines 
eigenen Herdes oder eines Familienstandes hinzutritt, eine eigene Haushaltung selbst 
dann vorhanden, wenn die Mittel zur Bestreitung derselben in der Hauptsache oder 
sogar ausschließlich durch Unterstützungen von dritten Personen und nicht durch eigene 
Erwerbsthätigkeit oder aus eigenem Vermögen gewonnen werden. Dagegen vermag in 
anderen Fällen die Haltung einer besonderen Wohnung allein und ohne das Vorhandensein 
einer selbständigen Existenz den Begriff der eigenen Haushaltung nicht zu begründen und 
ist die letztere daher z. B. bei Schülern, Studenten und in der Vorbildung für 
einen Beruf begriffenen Personen nicht vorhanden, welche zwar eine besondere Wohnung 
inne haben, ihren Unterhalt aber nicht aus eigenem Erwerbe oder eigenem Vermögen 
bestreiten, sondern die Mittel dazu vom Vater oder von Verwandten oder von anderer 
Seite gewährt erhalten. 
Zu b. Bei Personen, deren Einkommen höher ist als die Summe ihres Verbrauchs 
oder dieser Summe gleichkommt, ist lediglich das wirkliche Einkommen für die Einschätzung 
maßgebend. Die Anwendung der Bestimmung in § 15 Ziffer 6 des Gesetzes ist auf 
diejenigen Fälle beschränkt, in welchen das wirkliche Einkommen hinter dem Verbrauche 
zurückbleibt. Hieraus folgt jedoch keineswegs, daß die Kommission in allen solchen 
Fällen die Summe des muthmaßlichen Verbrauchs der Einschätzung zu Grunde legen 
muß. Die Kommission hat vielmehr dann, wenn ihr die obwaltenden Verhältnisse die 
Anwendung der fraglichen Bestimmung an sich gerechtfertigt erscheinen lassen, sorgfältig 
zu erwägen, ob zwischen dem deklarirten oder sonst ermittelten Einkommen und dem 
muthmaßlichen jährlichen Verbrauche ein wesentliches Mißverhältniß besteht, und hat 
nur in diesem Falle die Einschätzung nach dem Verbrauche zu bewirken.
	        
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