Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1909. (75)

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zu der Gemeingefährlichkeit des Flüchtlings und zu der Schwierigkeit steht, diesen bei 
anderer Gelegenheit wieder festzunehmen. 
Bei Übertretungen ist vom Gebrauche der Schußwaffen unter allen Umständen abzusehen. 
Dem Gebrauche der Schußwaffe soll möglichst eine dreimalige Aufforderung an den 
Flüchtling zum Halten unter Androhung des Gebrauchs der Schußwaffe vorausgehen, z. B.: 
„Halt! oder ich schieße!“ 
Vom Gebrauche der Schußwaffe gegen den Flüchtling ist ganz abzusehen, wenn der 
Schuß wegen der Nähe bewohnter Gebäude oder aus anderen Gründen für unbeteiligte 
Personen gefährlich werden könnte. 
Die Abgabe von Schrotschüssen auf Flüchtlinge ist wegen der großen Streuung der 
Ladung und der Gefährlichkeit und Ausdehnung der dadurch entstehenden Verletzungen, ins- 
besondere auf nahe Entfernungen (ungefähr bis zu 70 Schritt), zu vermeiden; der Kugel- 
schuß hat die Regel zu bilden. 
Nach der Festnahme ist der Festgenommene unverzüglich auf die Folgen einer Ent- 
weichung aufmerksam zu machen. 
Der Gendarm hat sich schon bei der Übernahme eines Gefangenen darüber schlüssig 
zu machen, inwieweit er bei etwaigen Fluchtversuchen des Gefangenen gegebenenfalls von 
der Waffe, namentlich von der Schußwaffe, nach den vorstehenden Bestimmungen Gebrauch 
zu machen berechtigt ist. 
Bei Widerstand oder bei einem tätlichen Angriff eines Flüchtlings sind für den Waffen- 
gebrauch die allgemeinen Vorschriften in den §§ 1 flg. maßgebend. 
Verhalten der Gendarmerie bei Inanspruchnahme militärischer Hilfe. 
14. Macht sich zur Bewältigung eines Tumultes usw. das Einschreiten des Militärs 
nötig, so geht von dessen Anforderung an (vergl. hierzu Absatz 3 dieses Paragraphen) das 
Kommando auf den Militärbefehlshaber über. Auch die Gendarmerie hat dann dessen 
Befehlen genau nachzukommen. 
Wird das Militär zum Beistand einer Zivilbehörde kommandiert, so hat nicht die 
letztere, sondern das Militär und dessen Befehlshaber zu beurteilen, ob und in welcher Art 
zur Anwendung der Waffen geschritten werden soll. Die Zivilbehörde aber muß in jedem 
Falle, in welchem sie die Hilfe des Militärs nachsucht, den Gegenstand und den Zweck, 
warum sie verlangt wird, so bestimmt angeben, daß von seiten des Militärs die An- 
ordnungen mit Zuverlässigkeit getroffen werden können. 
Der Antrag zum Einschreiten des Militärs kann nur von den Dienstbehörden der 
Gendarmerie gestellt werden. 
Nur in dem einen Falle, wenn es sich um die vorläufige Festnahme einer bestimmten 
Person handelt, können die hiermit betrauten Gendarmen eine etwa in der Nähe befindliche 
Militärwache oder hinzukommende Militärpatrouille um die Festnahme dann ersuchen,
	        
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