Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1835. (26)

Eigentlich sind nur diejenigen Ausschlaͤge des Kopfes als Grind zu betrachten, welche aus 
Bläschen oder Pusteln der Haut, die eine wirkliche Schorfbilbung zur Folge haben, hervorgehen. 
Von diesen Ausschlaͤgen aber giebt es wiederum hauptsaͤchlich zwei besonbdere Ärten, die sich ruͤcksicht- 
lich ihrer Form, Bedeutung und Behandlung wesentlich von einander unterscheiden, und denen man 
die Benennung: gut= und bößartiger Kopfgrind: ertheilen kann. 
Bei dem gutartigen Kopfgrinde entstehen an verschiedenen Stellen der behaarten Kopf, 
hant, nach einer leichten, mit Jucken verbundenen Röcthung derselben, auf der Haut selbst kleine 
Bläcchen, elche die Oberhaut erheben, dann bersten und eine schleimige, klebrige Flüssigkeit ent- 
leeren. Diese kleinen Geschwürchen bedecken sich nun mit blaßgelben Schorfen, eie von einer gewölb- 
ten Beschaffenheit und einer unregelmäßigen Form sine; darunter schwitzt jene Flüssigkeit 
sortwährend aus, sa sie durchdringt die Schörfe selbst, die oft gang durchsichtig sind, hebt sie in die 
Höhe und verklebt die Haare, zwischen welche sie sich ergießt; die Festigkeit der Haare selbst leidet 
dabei nicht und, wenn man ein einzelnes Haar anzieht, so reißt es meist von seinem Ursprunge 
ab. — Die Ausbreitung dieses Grindes ist sehr verschichem; oft stoßen mehrere Schèrfe zusammen, 
so daßi ein mehr oder weniger großer Theil der Kopfhaut zusammenhängend davon bedeckt wird. In 
einer geidissen Form der Krankheit werden auch wohl, wenigstens auf der Oberfläche, die Grinde 
harc, höckrig, braun oder dunkelgrau und es lösen sich davon kleine, unregelmäßige, trockene und 
mirrb- Stächchen, oder Köruchen ab, welche Mörtelstückchen ähnlich sind und zwischen den Haaren 
bängen bleiben. 
Dieser gutartige Kopfgrind befällt meist Kinder zwischen dem ersten und siebenten be- 
beusfahre), namentlich von der Zeit der Entwöhnung an, bis zu der des JZahnwechsels. Abgese- 
hen von der mit ihm verbundenen Unsauberkeit, die durch den üblen Geruch der abgesonderten Flüs- 
sigkeit und die Anhäufung von Ungeziefer auf dem Kopfe oft noch gesteigert wird, ist er weder für das 
damit behaftete Individuum von besonderem und bleibenden Nachtheil, im Gegentheil oft als eine wohl- 
thätige mit der fortschreitenden Entwickelung des Körpers nicht selten von selbst schwindende und kei- 
neufalls schnell zu unterdrückende Auoleerung zu betrachten, — noch für Andere bedrohlich. 
Bei dem bötvartigen Kopfgrinde (bösem Grind, Erbgrind) dagegen bilden sich Pusteln in 
ker Diefe der Haut, namentlich in den die einzelnen Haarwurzeln umfassenden Hülsen. Hier sam- 
melt sich eine dicke, honiggelbe, citerartige Flüssigkeit au, welche jene Hülsen allmählig ausdehnt, 
zuletzt die darüber gelegene Stelle der Kopfhaur selbst erhebe, und durch die daselbst im Kreise ber- 
stende Oberhauc ausfließt. Die sich über diesen Geschwuürsiellen nun bildenden Schorfe sind immer 
kreisrund und in der Mitte des Kreises, worin immer das einzelne Haar selbst seinen 
Standpunkt hat, schalenförmig vertieft, im Umkreise dagegen erhaben. Ein solches Haar 
läst sich leicht und ohne abzureißen, bervorziehen und seine Wurzel findet man dann an- 
geschwollen; entartet, namentlich mit einem schwarten Punkt versehen. — 
Diese Art des Grindes ist zwar zuweilen auch nur auf einzelne Stellen beschränkt, häufiger 
aber nimmt sie, indem die einzelnen mehr oder eniger di en, immer aber kreigrunden und in der Mitte 
vertiesten Schorfe an einander stosien, eine größere Strecke den behgarten Kopfs ein. Unter den 
Schorfen zcigt sich übrincns die Haut, rund um den Absonderungahrerd, zwar auch geröthet, koch nicht 
eben empfindlich, so das von den Kranken, wenn nicht etwa angesammeltes Ungcziefer einen Reiz ver- 
ursacht, in der Regel kein besonderes Jucken verspürt wird. Dieser bösartige Kopfgrind befällt im Ge- 
gensatze zu ersterem, häufiger Kinder nach dem sechsten oder siebenten Jahre; schwindet nicht von selbst, 
ist überhaupt ohne besondere örtliche Einwirkung auf den kranken Grund und Boden gar nicht zu hei- 
len und — pflanzt sich durch Ansteckung sort. Von ihm namentlich ist hier die Rede. 
C. 76. Die Häufigkeit der Kopfausschläge bei Kindern hänge wohl Theils mit dem, letzte- 
ren eigenen Blutandrange nach dem Kopfe, Theils mit der, auch vorzugsweise dem kindlichen Alter 
angehdrigen Skrophelkrankheit, wovon diese Ausschläge unds namentlich auch der Grind so oft die 
Folge sind, zusammen. Außcrdem aber wird die Enistehung des Letztern, wic der Kopfausschläge 
überhaupt, begunstigt: durch Mißverhältuisse in der Ernährung, z. B. eine zu reichliche, oder schwer 
verdauliche, rohe, zähe, verdorbenc, stark salzige, oder zu fette Nahrung, zu sette oder sonst nicht gehörig 
beschaffene Murtermil ), die Milch einer leidenschaftlichen, ausschweifenden oder an Ausschlägen, Syphi- 
lis 2c. leidenden Amme, selbst Vererbung einer krankhaften Säftemischung der Eltern, ferner: durch man- 
gelnde körperliche Bewegung, Unreinlichkeic, Aufenthalt in schlechter, feuchter Luft, besonders vernachlässig- 
ter Reinigung, oder zu warme Vedeckung des Kopfes (Umstände, welche das häufigere Vorkommen der 
Krankheit in der niederen Volksklasse erklärlich machen). Der bösartige Kopfgrind endlich entsteht 
nächsidem nicht selten aus der Uebertragung eines Conlagiums, welches folgende Eigenschaften besitzt: 
1. Es
	        
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