202 Drittes Kapitel.
stellt ist und dass sich dasselbe in der verschiedenen Abstu-
fung der Stimmenzahl als ein besonderes Recht von den ent-
sprechenden Rechten der andern abhebt.
Auch bei der letztern Auffassung können die Vorschriften
des Artikel 6 nicht ein Recht lediglich auf die absoluten
Ziffern der Stimmen begründen wollen. Denn einen poli-
tischen Werth hat nur die Verhältnissmässigkeit, in welcher
die Stimmenzahl des einzelnen Staates zur Gesammtzahl der
Stimmen und zur Stimmenzahl jedes andern Staates steht.
Hieran misst sich der Einfluss des Einzelstaates auf die Willens-
bildung des Reiches im Verhältniss zur Summe aller übrigen
Stimmen und es misst sich das Gewicht desselben im Verhält-
niss zu dem jedes andern Einzelstaates. Hierin allein liegt
denn auch das rechtliche Interesse an den Zahlen des
Artikel 6.
Eine Vermehrung der Gesammtzahl der Stimmen, falls
durch das Hinzutreten neuer Staaten bewirkt, würde die Ma-
joritätsbildung für die Pluralitätsstimmen, insbesondere für
Preussen wesentlich erschweren, und falls durch Stimmenver-
mehrung anderer Staaten bewirkt, könnte sie durch eine ent-
sprechende Vervielfältigung aller übrigen Stimmrechte das
besondere Gewicht der einzelnen Pluralitätsstimmen vollstän-
dig illusorisch machen. |
Eine Verminderung der Gesammtheit der Stimmen ermög-
licht den äussersten Fall, dass Preussen in eine geborene Ma-
Jorität versetzt wird.
Eine anderweitige Vertheilung der vorhandenen Stimmen-
zahl könnte eine Häufung der Stimmen in einer Hand bewir-
ken, welche etwa dieser Hand zu einem Veto gegen jede Ver-
fassungsänderung oder wiederum Preussen zu einer geborenen
Majorität verhülfe.
Kurz — jede Aenderung sowohl der Gesammtstimmen-
zahl als der Stimmenzahl irgend eines andern Staates ist eine
Rechtsänderung auch für denjenigen Staat, der bei der abso-
luten Zahl seiner Stimme unverändert erhalten bleibt.
Dies hat seinen verfassungsmässigen Ausdruck dadurch