242 Fünftes und Schlusskapitel.
gliedert, istes nicht mehr der Einzelstaat, ist nur
dasReich der deutsche Staat.
Von dieser Grundanschauung aus ergeben sich entschei-
dende Folgerungen.
1. Wenn der Einheitsstaat — seine privatrechtliche Seite
als Fiskus hier überall ausser Ansatz gelassen — um seiner
Natur willen, weil er das Grundverhältniss einer Ueber- und
Unterordnung darstellt, mit seinen Unterthanen und mit den
an den Staatsaufgaben arbeitenden Organen, seinen Beamten
und Selbstverwaltungskörpern unter regelmässiger Voraus-
setzung Verträge nicht abschliessen und in vertragsmässige
Verhältnisse nicht eintreten kann, weil diese durch das ent-
gegengesetzte Grundverhältniss der Nebenordnung bedingt
sind,so kann auch für den Vertrag und für das vertragsmässige
Verhältniss in der Beziehung des Reiches zu den Einzelstaaten
nur ein eng begrenzter Raum vorhanden sein.
1. Das Reich ist in seiner aktuellen Wirksamkeit be-
schränkt durch die verfassungsmässige Abgrenzung seiner
Kompetenzen gegenüber den Einzelstaaten. Es liegt ausser-
halb dieser Kompetenzen, Verträge mit den Einzelstaaten zu
schliessen, welche die verfassungsmässige Kompe-
tenz des Reiches im Allgemeinen oder für den
einzelnen Fallerweitern. Das-Reich ist nicht berech-
tigt auf dem Wege des Vertrages und wenn auch nur zum
Zwecke vertragsmässiger Ausübung die gesammte Staatsver-
waltung eines Einzelstaates oder auch einzelne Theile dersel-
ben zu übernehmen. Es kann dies nur geschehn im Wege
der Verfassungsänderung — sei es in Form der Gesetzgebung
oder in Form der Genehmigung eines Vertrages — oder in
Krafteiner ausdrücklichen verfassungsmässigen Ermächtigung,
wie diese die deutsche Reichsverfassung in ihren Artikeln 50,
und 66. für Post-, Telegraphen - und Militärkonventionen ge-
währt.
2. Umgekehrt ist das Reich nicht kompetent, seine
eigenenverfassungsmässigenKompetenzen.oder
die verfassungsmässigen Kompetenzen seiner