Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Allgemeine Erörterungen. 237 
tische Auslegung der Verfassung auf dem in dieser selbst vor- 
gesehenen Wege der Verfassungsänderung erfolge; 
das Recht bis zum Austrage des Streites auf diesem Wege 
Jede der eigenen Auslegung widersprechende Handhabung der 
Unionsgewalten als rechtsunverbindlich zu betrachten und 
ihre Durchführung zu verhindern; 
das Recht, falls die auf verfassungsmässigem Wege her- 
beigeführte authentische Interpretation der Verfassung als mit 
dem Sinne und Geiste des Unionsvertrages unvereinbar er- 
scheint, aus der Union zu scheiden, nicht aber in der Union 
zu verbleiben und doch die als verfassungswidrig erachteten 
Beschlüsse und Massregeln der Unionsgewalten fernerhin als 
nichtig anzufechten. 
$ 2. 
Die Stellung der Frage für das deutsche Reich. 
Die Staatenrechts-Doktrin, 'wie sie sich gegenüber der 
Unionsverfassung in der politischen Praxis und in der Rechts- 
literatur Nordamerikas ausbildete, ist auch auf den Boden 
des bundesstaatlichen Deutschland verpflanzt worden. 
Sie hat ihre Vertretung gefunden in den Debatten. des 
norddeutschen und des deutschen Reichstages, in Anträgen, 
welche in den Kammern der deutschen Königreiche verhandelt 
wurden. Sie hat ihre zusammenfassende Begründung in dem 
Worte gefunden, welches im deutschen Reichstage gesprochen 
wurde: „Es bleibt unser ganzes Öffentliches Recht in den 
Verträgen basirt und diese Vertragsnatur des öffentlichen 
Rechtes wird und kann niemals abgeschüttelt werden.“ 
Die Literatur hat in einzelnen Erscheinungen denselben 
Standpunkt eingenommen. 
Einer der ersten Schriftsteller über die norddeutsche 
Verfassung, von Martitz, ist zu den folgenden Sätzen ge- 
langt: 
Da die norddeutschen Regierungen die Bundesverfassung
	        
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