28 Erstes Kapitel.
als Staatsvertrag vereinbart haben, so haben sie sich durch
dieselbe gegenseitig ihre Suveränetät und das Staatsgebiet,
auf welches dieselbe fundirt ist, garantirt. Ein gewaltsamer
Eingriff hierin würde nach Völkerrecht zum Rücktritt vom ge-
schlossenen Vertrage berechtigen. — Die Bundesgewalt hat
juristisch nur als von den Einzelstaaten konstituirt zu gel-
ten; sie findet demnach ihre rechtliche Grundlage nur in der
Suveränetät der Einzelstaaten. — Die Garantie für Aufrecht-
erhaltung der norddeutschen Bundesverfassung liegt darin,
dass sie die rechtliche Natur eines von einer Reihe deutscher
Staaten geschlossenen Vertrages trägt. Demnach erhält jede
verfassungswidrige Handlung, zu der sich die Bundesgewalt,
sei es Bundesrath oder Präsidium selbst, sei es eines ihrer
beamteten Organe entschliessen möchte, den Charakter eines
Vertragsbruches, berechtigt daher die widerstrebenden Bun-
desglieder, deren Suveränetät durch die Bundesverfassung
nur beschränkt, nicht aufgehoben ist, unzweifelhaft dazu, die
völkerrechtlichen Konsequenzen eines solchen zu ziehn. —
Der deutsche Bundesstaat erhält die Garantie seines Bestehens
in der Sanktion eigenmächtigen Widerstandes 3%. —
Ein lebhafter Schriftenwechsel sodann hat sich über die
Frage erhoben, ob dem norddeutschen Bunde eine sog. Kom-
petenz-Kompetenz d. h. das Recht, seine verfassungs-
mässigen Kompetenzen auf dem verfassungsmässig vorge-
schriebenen Wege der Verfassungsänderung zu erweitern,
rechtlich zustünde oder nicht. Diejenigen, die die Frage ver-
neinten, wie Böhlau, Zachariä, G. Meyer stützten ihre
Ueberzeugung im Wesentlichen auf den Satz: „dass der for-
male Entstehungsgrund und Berechtigungstitel des Bundes-
staates, wie des Staatenbundes, in dem die Vereinigung be-
gründenden Staatsvertrage der Bundesglieder gegeben
ist und dass dieser Vertrag für den Umfang der Zuständig-
3° von Martitz, Betrachtungen über die Verfassung (des norddeutschen.
Bundes, 18€8, pag. 9. 41. 136. 137.