Allgemeine Erörterungen. | 39
keiten der sogenannten Bundesgewalt fortdauernd maass-
gebend ist“.
Eng damit verbunden war der andre Streitpunkt über die
rechtliche Natur des Einganges der norddeutschen
Bundesverfassung. Derselbe wurde von Bähr und
G. Meyer?! als der fortgeltende Vertrag über den Bundesschluss
betrachtet. Wichtige Folgerungen mussten sich daraus erge-
ben für ein vertragsmässiges Verhältniss der Einzelstaaten in
Rücksicht auf ihre Bundes-Mitgliedschaft, ihr Gebiet, die Ewig-
keit und den Zweck des Bundes. Der Eingang galt als der
die Verfassung dominirende Vertrag, zu dem sich die einzel-
nen Verfassungsartikel nur wie ein Ausführungsgesetz ver-
hielten.
Diese Ansicht ist von G. Meyer? auch für die deutsche
Reichsverfassung festgehalten worden, sodass sich auch das
deutsche Reich über vertragsmässigen Grundlagen erheben
würde. .
Endlich hat M. Seydelin einer staatsrechtlichen Unter-
suchung über den Bundesstaatsbegriff?3 die Lehre Calhouns
voll und rund, ohne jeden Umschweif und unter sorgfältiger
Vermeidung jedes abschwächenden Verbindungsgliedes auf
das deutsche Reich und seine Verfassung übertragen. Er hat
die Probe dieser Uebertragung in einem diesem Zwecke be-
stimmten „Commentar zur Verfassungsurkunde für das deutsche
Reich“ 3% gemacht. — —
So verschieden die politischen und sozialen Voraus-
setzungen, auf Grund deren die Staatenrechtsdoktrin in Nord-
amerika ihre bedrohlichen Wirkungen entfalten konnte, von
denen sind, auf welchen das deutsche Reich aufgebaut ist, so
wird doch eine Untersuchung „über die vertragsmässi-
31 Grundzüge des norddeutschen Bundesrechtes, 1868.
32 Staatsrechtliche Erörterungen über die deutsche Reichsverfassung,
1872.
s3 Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, 1872, pag. 185 ff.
34 1873.