180 $ 9. Der Begriff der Verwaltung. [84
sie gewiss weiterhin der Berichtigung, der Befreiung von
scholastischen Kategorien fähig und bedürftig. Anstatt dessen
aber hat unsere moderne staatswissenschaftliche Literatur sie
gänzlich über Bord geworfen, wie ich meine, zum Schaden
einer folgerichtigen Systematik und zur grenzenlosen Verwir-
rung der herrschenden Terminologie.
Wenn wir unter Organismus das lebendige Zusammen-
wirken verschiedener Elemente zu einer Gesammtleistung ver-
stehen, so gewinnen wir die Analyse dieser Erscheinung in
der Unterscheidung ihrer Struktur, ihrer Funktionen und
ihres Zweckes,
Dasselbe gilt von dem Staate.
Wir betrachten die Elemente, aus denen sich der Staat
zusammensetzt; nicht in ihrer Vereinzelung, sondern unter
dem Nachweis, wie sie auf einander angelegt und mit einan-
der in einen bestimmten Zusammenhang gebracht sind und
wie sie dadurch befähigt werden, mittels ihrer Funktionen
den Staatszweck zu erfüllen. Unter diesem einseitigen Ge-
sichtspunkt gewinnen wir die Struktur des Staates.
Wir heben die Beschaffenheit seiner Kraftentfaltung, die
Art und Weise seines Wollens und Handelns hervor, die frei-
lich überall bedingt ist durch seine Struktur und sich noth-
wendig richtet auf inhaltliche Leistungen. In dieser isolirten
Betrachtung gewinnen wir die Funktionen, die Thätig-
keitsformen des Staates,
Wir fassen endlich Das ins Auge, was seiner Struktur
und seinen Funktionen Gehalt und Inhalt, ja den Grund des
Daseins und Wirkens giebt: den Zweck des Staates und
die einzelnen Aufgaben, in denen sich dieser gliedert.
Die Struktur des Staates ist seine Verfassung
im systematischen Sinne.
Die Funktionen, die Thätigkeitsformen des Staa-
tes bilden seine Regierung, den Inbegriff der „for-
mellen Hoheitsrechte“. Ich beziehe mich für diese Ter-
minologie auf unser Sprachgefühl, das einerseits niemals das
Wort Regierung mit den einzelnen Aufgaben des Staates, etwa