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die Errichtung und das Verfahren der höchsten Gerichtshöfe
zur Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten und Minister-
anklagen betreffen, nicht etwa blos „Verwaltungsakte“ in Ge-
setzesform sind; denn Rechte und Pflichten der Unterthanen
werden dadurch nicht berührt. Sicher aber ist es, dass alle
Disziplinargerichte für die Verwaltungsbeamten die Rechts-
ordnung im Sinne Laband’s gar Nichts angehe.
Doch es mag genügen unter dem von Laband aufgestell-
ten grundsätzlichen Kriterium das preussische Gesetz vom
27. März 1872 über die Errichtung und die Befug-
nisse der Oberrechnungskammer zu betrachten, ein Ge-
setz, dem ja auch reichsgesetzliche Geltung beigemessen ist.
Die Oberrechnungskammer gehört in ihrer Stellung
und in ihren Funktionen schlechthin dem ‚„innern Verwal-
tungsapparat“ im Sinne Laband’s an.
Sie ist dem König unmittelbar untergeordnet; sie tritt
nur mit den Staatsbehörden in irgendwelche Verbindung; sie
hat insbesondere keinerlei Beziehung zu den gesetzgebenden
Körperschaften, denn auch die Mittheilung ihrer Bemerkungen
an diese erfolgt nur unter Vermittelung der Staatsregierung.
Sie hat keinerlei Befehlsgewalt irgend welcher Art gegenüber
den Unterthanen: ja nach ihrer Kompetenz tritt sie nicht ein-
mal in privatrechtlichen Verkehr mit den Unterthanen, den-
jenigen aller Behörden selbstverständlich ausgenommen, der
sich auf die Beschaffung und Verwaltung ihres Inventars und
ihrer Utensilien bezieht. Sie ist mithin ein vollkommen zu-
treffendes Paradigma, an der sich die Theorie Laband’s er-
weisen müsste. "
Die folgenden Punkte sind hierfür entscheidend:
Der König ist nicht nur ermächtigt, sondern nach Ver-
fassung und Gesetz verpflichtet, die Oberrechnungskammer
nach den nähern gesetzlichen Massgaben herzustellen, einzu-
richten, auszurüsten und in dauernder Wirksamkeit zu erhal-
ten. Seine Organisationsgewalt ist in Vollziehung des Gesetzes
streng gebunden. Aber diese seine Verpflichtung ist im Sinne
Rechtens an keinem Punkte eine irgend andere als sie andern
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