904 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes.
nur erfolgen unter den Bürgschaften, welche die konstitutio-
nelle Ministerverantwortlichkeit für die Einhaltung der durch
Verfassung und Gesetz dem Verordnungsrechte eingeräumten
Vollmachten bietet. In diesem Sinne hat erst die Erhebung
des Bundeskanzlers der Entwürfe zu dem verantwortlichen
Minister des Bundesoberhauptes die Grundlagen geschaffen,
um ohne Gefährdung und Zerstörung des konstitutionellen
Organismus, wie eine eigene und unmittelbare Verwaltung, so
auch ein erweitertes Gebiet des Verordnungsrechtes für die
vollziehende Gewalt des Reiches zu schaffen.
Das kaiserliche Verordnungsrecht genügt den konstitutio-
nellen Anforderungen auch da, wo.es um der berechtigten
förderalistischen Gesichtspunkte willen, nur unter Zustimmung
des Bundesrathes oder im Einvernehmen mit demselben geübt
wird. Denn in allen Fällen ist es gedeckt durch die Verant-
wortlichkeit des Reichskanzlers oder seiner Stellvertreter,
deren Gegenzeichnung die Bedingung der Rechtsgültigkeit jeder
kaiserlichen Verordnung ist.
Das Verordnungsrecht des Bundesrathes fällt aus dem
Rahmen der konstitutionellen Organisation des Reiches, die zu
schaffen die Absicht der entscheidenden Abänderungen des
Artikel 18 des Verfassungsentwurfes war, in jeder Gestalt
heraus. Es geschah dies bereits durch das beschränkte, mittel-
bare Verordnungsrecht, welches die Verfassung in ihren Spezial-
bestimmungen ursprünglich allein dem Bundesrathe zuschrieb.
Es geschieht dies in weit verstärktem Masse, seitdem das
Verordnungsrecht des Bundesrathes kraft der Reichsverfassung
mit seinen Verwaltungsvorschriften selbst in die Gebiete der
eigenen und unmittelbaren, unter Verantwortlichkeit geführten
Reichsverwaltung sich einzuschieben vermag, seitdem dasselbe
kraft einer Reihe von Spezialgesetzen sich zu einem gesetz-
vertretenden Verordnungsrecht, mit unmittelbarer Rechtswirk-
samkeit und unter Beseitigung des kaiserlichen Verkündigungs-
rechtes, erweitert hat. Denn in welcher Gestalt es auch auf-
tritt, es bleibt ausser jeder Beziehung zu der konstitutionellen
Verantwortlichkeit, die nach der Verfassung ausschliesslich