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3. Das Kirchenjahr.
Der Frühling ift der Anfang des Naturjahree. Die Sonne
vüct herauf; Die Winde wehen milber,; Froft, Schnee und Ei8 weichen
und brechen; e8 treibt an Baum und Strauh, und nach der tobten
Stille fingen Die Vögel des Himmel8 in den Lüften. Die Freund:
fichfeit Gotte8 breitet fich über Die Erde. Endlich mwäcft e8 mit
Macht; die Natur fteht da in ihrer reichften Herrlichkeit. — Das
Kirhenjahr hat auch feinen Frühling. Er hebet an mit dem Mödvent
und geht hin bi8 in die Epiphanienzeit. Im Advent ift der Herr
no nicht da. Er fol aber fommen. E38 flingen die Propheten-
ftimmen durdy die Kirche Hin wie Frühlingsgefänge: Bald wird
fommen zu feinem Tempel der Herr, den ihr fudhet, und
der Engel des Bundes, deß ihr begehret. Die Kirche fingt:
Mie fol ih Die empfangen,
Und mie begegn’ ich Dir?
Endlich Bricht der Hohe Frühlingstag an. E83 predigt der Engel:
Siehe, ich verfündige euch große Freude, die allem Volfe
widerfahren wird; denn euch ift heute der Heiland geboren.
Und die himmlischen Chöre antworten: Ehre jJei Gott in Der Höhe
und Sriede auf Erden und den Menfchen ein Wohlgefallen!
Um ven eingeborenen Gottesfohn mwädft dann gleich da8 Leben.
AT8 erjte Frühlingsblumen umftehen Shn Sofeph und Maria, die
Hirten, Simeon und Hanna, Sin der Epiphantenzeit zeigt Die Kirche,
wie die Herrlichkeit de8 Herrn fich offenbart. Da erjcheint der Stern,
und e8 ziehen herauf die Weifen aud dem Morgenlande. Da ver:
fündigt Chriftus felbft, weh Sohn Er fei, und Er jelbjt zenget für
fih mit That und Wort. Die Epiphanienzeit fol die Gemeinde zu
dem Glauben bringen: Gott ift geoffenbaret im Fleijch, ge:
rechtfertigt im Geift, erfchienen den Engeln, geprebigt den
Heiden, geglaubet von der Welt. (1. Tim. 3. 16.)
Beld folgt der Sommer. Siehe ihn an in der Natur! Die
Sonne fteht hoch; ihre Oluth fengt und brennt. Manches Pflänzlein
verdorret und jtirbt; andere Iaffen matt das Haupt finfen; auf den
meiften liegt der Staub; die erfte Frifehe it dahin. ES will der
Sommer fragen und forjhen, melde Gewäcje wirklich fejtes Leben
haben. — m Leben des Herin geht die Sommer: und Gluthzeit an
mit der Leidengzeit. Grft nahet dag Wetter der Derfolgung Teife
heran. Gift denken fie daran, Shn zu tübten, dann halten fie Math,
wie fie Shn tödten. Gnolich fommen die großen Tage, von benen
Sefaia8 weiffagt: Fürwahr, Er trug unfere Franfheit und
[ud auf fi unfere Schmerzen. Am Palmjonntage riefen fie
hm noch das „Hoftannal"zu; am Charfreitage: „Kreugige!” — Am
Palmenjonntage breiteten fie Ihm die Kleider auf den Weg; am
Gharfreitage legten fie Ihm das Kreuz auf den Rüden. Der Sommer
tie Die fehmwere, heiße Arbeitögeit. Won diejer Zeit im Kicchenjahr