Full text: Um den Kaiser.

sei. Die Angelegenheit hatte schließlich noch das Gute, daß sich 
auch Lord Lansdowne und Lord Rosebery gegen die Sucht kehrten, 
unter Mißbrauch einer privaten, persönlichen Korrespondenz die 
Offentlichkeit aufzuregen. 
Ebenso glimpflich ging es noch mit einem mündlichen Aus- 
spruch des Kaisers in der amerikanischen Botschaft in Berlin ab. 
Auf den Botschafter Tower sollte Hill folgen. Tower war schwer 
reich, Hill arm, das Gehalt verhältnismäßig gering, kaum höher 
als die Summe, die Tower für seine Wohming ausgab. Der 
Kaiser äußerte Zweifel, ob sich Hill in Berlin wohlfühlen würde. 
Darin wollten amerikanische Blätter ein unpassendes Dreinreden 
in amerikanische Angelegenheiten sehen. Aber der Präsident Roosevelt 
kam dem angegriffenen Kaiser klug zu Hilfe, mit dem Hinweis, 
daß die Haltung des Senato, der die Übernahme der Wohnungs- 
kosten der Botschafter auf die Staatskasse abgelehnt hatte, in der 
Tat zu nachteiligen Zuständen führe, wenn ein zu großen Ein- 
schränkungen genötigter Diplomat auf einen reichen, die Nation 
äußerlich glänzend vertretenden folge. 
Zu solchen immer noch ziemlich harmlosen Einmischungen kamen 
wirkliche selbsiherrliche Eingriffe in den Gang der auswärtigen 
Politik hinzu. Anfang 1908 hatte, wie oben beschrieben, Baron 
Aehrenthal ohne vorher die deutsche Regierung zu fragen, den Plan 
der Verlängerung der bosnischen Bahnen nach dem Sandschak No- 
wibasar aufs Tapet gebracht, zum großen Verdrusse der Russen, 
die ihrerseits eine ostwestliche Linie über Nisch, Usküb bis zur 
Adria bei San Giovanni di Medua in Vorschlag brachten. Deutsch- 
land blieb zwar hinter seinem Verbündeten, hatte aber zu jener Zeit 
keinen Anlaß, sich in den Vordergrund zu stellen, es konnte die 
weitere Entwicklung abwarten. Da fuhr der Kaiser während seines 
Aufenthalts in Korfu (April lgos) dazwischen. Er leeß, ohne 
vorher den Kanzler oder den Staatssekretär zu fragen, durch Turkan 
Pascha an den Sultan bestellen, er möge das Donau-Adria-Projekt 
genehmigen. Das Auswärtige Amt wurde angewiesen, diei#en Schritt 
in Wien, Petersburg und Rom zur Kenntnis zu bringen. Der Freund 
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