Full text: Um den Kaiser.

regt hätte. Ahnlich wie der Kaiser hier den Fortgeschickten, den 
Duldenden spielt, wollte er auch bei Absendung der Krügerdepesche 
eigentlich nur der leidende Teil gewesen sein. Als in den Neujahrs- 
betrachtungen der deutschen Presse 1909 im Anschluß an die bitteren 
Lehren der Novemberdebatten über den Artikel des Daily Telegraph 
auch mehrfach an die unglückliche Krügerdepesche von 1897 erinnert 
wurde, berief er sich in einem Randvermerk auf das Zeugnis des Ad- 
mirals Hollmann dafür, daß er sich widerwillig von Hohenlohe und 
Marschall habe „majorisieren“ lassen. „Hollmann hat bisher zu 
keinem Menschen davon gesprochen. Ich habe ihn jetzt davon ent- 
bunden, damit die Wahrheit endlich ans Licht komme.“ Hollmann 
hat, soviel mir bekannt, niemals von der Erlaubnis zu sprechen Ge- 
brauch gemacht. Auch lebte Marschall noch, der siets behauptet 
hat, daß die Krügerdepesche aus dem Impuls des Kaisers hervor- 
gegangen und daß der von dem Kolonialdirektor Kayser entworfene 
Text eine erhebliche Milderung dessen war, was der Kaiser wünschte. 
Im Gedächtnis Wilhelmo II. siellte sich die vermeintliche Majori- 
sierung erst ein, als die Depesche anfing, als Unglückswerk der Ge- 
schichte anzugehören. Wie wenig ihn Erinnerungen an die Swine- 
münder Depesche, an den Lippeschen Streit, an andere Unbesonnen= 
heiten berührten, haben wir oben bei Darstellung des Verlaufes der 
Audienzen Bülowo am 17. November lg9o#s und am 11. März 
1909 gesehen. 
Wo immer sich eine Gelegenheit ergab, in rosigem Lichte zu 
wandeln, ergriff er sie mit Lust. „Ich bin Optimist durch und 
durch“ (Bekenntnisworte zu dem Schriftsteller Ludwig Ganghofer) 
und „Schwarzseher dulde ich nicht“, solche Außerungen entsprachen 
durchaus seinem innersten Wunsche, als Mann von Gottes Gnaden 
dazustehen, und setzten sich bei seiner Umgebung in das auch für 
Gäste geltende Leitvort um: Majestät muß Sonne haben! Und 
wie oft sah er Sonnenschein, auch wo keiner war! Man erinnere sich 
z. B. der Kaiserfahrten durch die Ostmarken im Jahre 190s, als 
die Polen durch Worte wie „sarmatische Frechheit“ schwer ver- 
letzt, Posen für eine treudeutsche Stadt erklärt und ein ohne Zweifel 
mißverstandenes, in die Hand des Kaisers gegebenes „Gelöbnis“ des 
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