ec) Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland.
Von
Dr. Theobald Ziegler,
o. Professor an der Universität Strassburg.
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ausgabo 1911
In Deutschland ist der Parlamentarismus nicht autochthon: er kam zu uns von England und
noch dirckter von Frankreich herübır. Und er ist bei uns verhältnismässig jünge’en Datums, erst
eine Schöpfung des neunzehnten Jahrhunderts. Wohl gab es noch von früher her in einzelnen deut-
schen Landschaften ‚„Stände‘‘ mit dem Recht der Geldbewilligung und des Konsenses zu Gesetzen;
aber sie waren, was ihr Name besagt, nicht Volks-, sondern Ständevertretungen und waren fast
überall mehr oder weniger verkümmert. Jedenfalls knüpft nicht an sie der Parlamentarismus des
neunzehnten Jahrhunderts an, das zeigt am deutlichsten der Kampf der Württemberger für ihr
„gutes altes Recht‘ und gegen die neue Verfassung, in der sie vielmehr den Bruch mit jener
alten Ständeverfassung sahen. Ein solches Anknüpfen wäre schon deswegen schwierig, um nicht zu
sagen: unmöglich gewesen, weil die zum deutschen Bund vereinigten Fürstentümer und Republiken
fast durchweg neue Gebilde waren, die keine einheitliche Vergangenheit und Tradition besassen.
Deutschland als solches aber war schon vorher kein Staat mehr gewesen, und seit 1806 gab es über-
haupt keinen Kaiser und kein Heiliges RömischesReich deutscher Nation mehr, es wartatsächlich ein
Vakuum eingetreten.
Neben der Einheit und jeglichem Einheitsband fehlte aber auch die Freiheit, „die grundge-
setzliche Rechtssicherheit,‘ und beide Mängel waren unter dem Einfluss der über den Rhein herüber-
wirkenden französischen Revolution und der Sieze Napoleonsdem Volk zum Bewusstsein gekommen.