Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

98 Julius Wolf, Die öffentlichen Abgaben in Deutschland. 
Steuersatzes von Y, %, sie steigt bis 5 % bei 100 000 Mark. Neben ihr steht seit 1902 eine Ver- 
mögenssteuer, wie in Preussen mit 1, vom Tausend erhoben, aber erst mit 12 000 Mark beginnend. 
D) Württemberg. 
Württemberg hat 1903 durch eine Steuerreform sein Steuersystem auf eine ähnliche Grund- 
lage gestellt wie zuletzt Bayern, d. h. neben einer allgemeinen Einkommensteuer sind die Ertrags- 
steuern zu ermässigten Sätzen stehen geblieben. Nur wird an Stelle der Vermögenssteuer eine 
Kapitalsteuer erhoben. 
Die allgemeine Einkommensteuer beginnt bei Einkommen von 500 Mark mit 0.40 %, erreicht 
bei 30 000 Mark 4, bei 100.000 Mark 44, und bei 200 000 Mark 5%. Mit dem Etat für 1909/10 
wurde eine 12 prozentige Erhöhung dieser Sätze vorgenommen. 
Wie Bayern erfreut sich Württemberg auch einer autonomen Biersteuer, jedoch zu 
niedrigeren Sätzen als die norddeutsche und bayerische, nämlich in Höhe von 8 Mark pro Doppe!- 
zentner Malz für kleine Brauereien und bis auf 124, Mark ansteigend (während in Norddeutschland 
das Maximum des Steuersatzes 20, in Bayern 19 Mark beträgt). Württemberg „ergänzt“ seine 
Biersteuer durch eine Wein- und Obstweinsteuer zu 11 und 8% des Ausschankerlöses. 
E) Baden. 
Nahezu ebensolange wie Sachsen, nämlich seit 1884, im Besitz einer allgemeinen Ein- 
kommensteuer, hat Baden seine Ertragssteuern in partielle Vermögenssteuern übergeführt. Die 
Einkommensteuer, wie in Preussen mit 900 M. beginnend, hat einen nach Budgetperioden mobilen 
Steuerfuss, der die Steuer ungefähr auf der Höhe der preussischen hält. Die unter Benutzung von 
Ertragssteuer-Katastern erhobene Vermögenssteuer kennt kein allgemeines steuerfreies Vermögens- 
minimum, ist dagegen im Unterschiede zu den Vermögenssteuern anderer Bundesstaaten pro- 
gressiv in ihren an sich schon hohen Sätzen. Der Ertrag der Vermögenssteuer ist unter diesen Um- 
ständen ein ausnahmsweise hoher, nicht wie z. B. in Preussen !/,, sondern mehr als die Hälfte jenes 
der Einkommensteuer. onen 
Auch Baden verfügt über ein Biersteuerreservat, die Steuer ist wie im Reiche und 
in Bayern und Württemberg als Malzgewichtssteuer und ziemlich zu den Sätzen Württembergs, 
also zu niedrigeren als in Norddeutschland und in Bayern erhoben. Dazu kommt noch eine Wein- 
steuer wie in Württemberg. 
F) Elsass-Lothringen. 
Elsass-Lothringen ist neben den beiden Mecklenburg der einzige Reichsteil, in dem die Ein- 
führung einer Einkommenssteuer noch aussteht. Doch ist eine solche auch hier in Vorbereitung. 
Bisher war das Steuersystem durch Ertragssteuern beherrscht, die jedoch in den 25 Jahren von 1884 
bis 1901 durchweg einer gründlichen Reform unterzogen worden sind. Nach Einführung der 
Einkommensteuer sollen dieselben ähnlich wie in Bayern und Württemberg zu Nebensteuern 
gemacht werden. 
Bemerkenswert ist die von Frankreich üvernommene, in ihren Sätzen verhältnismässig hohe 
Erbschaftssteuer, sowie eine Spezialsteuer von ausländischen Gelegenheitsarbeitern mit 5 bis 
15 Mark jährlich nach den Tagesarbeitsverdiensten. 
Auch Elsass-Lothringen verfügt über eine Bier- und Weinsteuer. Erstere wird hier nicht 
wie sonst überall in Deutschland als Malzsteuer, sondern als Steuer von der Leistungsfähigkeit der 
Werkvorrichtungen erhoben zu einem Satze, der pro hl mit 2.30 Mark für starkes Bier, mit 58 Pfg. 
für Dünnbier angesetzt ist. 
3. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Abgabensystem 
der Bundesstaaten. 
 . Die „Entwicklung“ im Abgabensystem der Bundesstaaten ist durch den Sieg der allgemeinen 
Einkommensteuer auf der ganzen Linie gekennzeichnet. Sie wird in Kürze mit Ausnahme der 
beiden Mecklenburg sämtliche deutsche Bundesstaaten (mit Einschluss des Reichslandes, wo sie
	        
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