Julius Wolf, Die öffentlichen Abgaben in Deutschland. 105
Fr. J. Neumanns,?) weiterhin Joh. Conrads”) und W. Gerlotfs®) im Stande (an der
Hand typischer Haushaltungsbudgets) für Deutschland eine Rechnung aufzumachen.
Bereits in meinem Buche „Die Reichsfinanzreform‘‘ komme ich zu dem Ergebnis, dass zu-
nächst an reichs- und bundesstaatlichen Steuern in Preussen”) aufzubringen sind von den Beziehern
kleinster Einkommen, d. h. grösster Einkommen, d. h.
solcher von 900—1200 Mk. solcher von 100000 Mk.
in Prozenten
indirekte Steuern .... 4-5 1
direkte Steuem. .. . . Ia—2, 4
zuammefn ...... 4%,—52], 5
so dass Staat und Reich zusammen die Proportionalität der Besteuerung realisieren
würden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei einem Anschlag des Einkommensteuer-
zuschlaes der Gemeinden zu 150%, einem Anschlag, der hinter der Wirklichkeit eher zu-
zurückbleibt als sie übersteigt, die Gesamtsteuerlast in Preussen beträgt .
für Einkommen
von 900—1200 Mk. von 100 000 Mk.
58% 14%
Im Durchschnitt insgesamt etwa 614, %, von kleinsten Einkommen, 14 %, von grössten Einkommen,
das wäre eine Progression, die unter den besonderen Verhältnissen Deutschlands, d. h. angesichts
auch der Verwendung, welche die Steuern finden (unter anderem, wie schon erwähnt, zu grossen
Beträgen für den Zweck der Sozialversicherung) befriedigen könnte. Jedoch fehlt noch ein Faktor
in der Rechnung: Die Rücksichtnahme auf jene Belastung, die von den Zöllen, insbesondere den
Agrarzöllen, allerdings nicht zugunsten des Staats, vielmehr der Inlandsproduzenten der mit
Zöllen belegten Artıkel ausgeht. Hierüber habe ich eingehende Berechnungen gleichfalls in
der oben genannten Schrift angestellt. Sie führten zu dem Ergebnis, dass aus dem erwähnten
Titel noch etwa eine Milliarde Mark der Steuerlast als „indirekte Steuer‘ zuzurechnen sei. Dement-
sprechend wurde als „letztes Ergebnis‘ jener der fundamentalen Frage der Steuerver-
teilung gewidmeten Ermittlungen ausgesprochen, dass in Preussen
kleinste Einkommen grosse Einkommen
9—13, im Mittel etwa 11% 15%
sn Steuern zu tragen haben.
Kurze Zeit vor dem Erscheinen meiner ‚Reichs-Finanzreform‘' wurde noch von
sehr kompetenter Seite ausgesprochen:
„Schwerlich wird die durch die indirekten Steuern, namentlich auch durch die Agrar-
zölle bedingte Höherbelastung der grossen Volksmasse, der unteren Klassen, für die Reichs-
zwecke durch die einzelstaatliche und kommunale direkte Besteuerungschon genügend kompen-
siert. Genügend, das heisst in dem Masse, wie es die Minimalforderungen verlangen, welche
aus dem anerkannten leitenden Grundsatz der modernen Steuerpolitik, der Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit der Klassen, Berufe, Einzelnen folgen. Aber selbst, wenn dieses durch die
bisherige gesamte Steuerverfassung in Reich, Staaten, Gemeinden zusammen erreicht würde,
®) Fr, J. Neumsnn, Zur Gemeindesteuerreform in Deutschland. 1895.
%) Conrad, J., Zur Finanzreform in Deutschland, Jahrb. f. Nationalökonomie und Statistik, 3. Folge
86,
2) Gerloff, Beiträge zur Reiohafinanzreform, in Conrads Jahrbüohern, 3. Folge, Bd. 36 und früher,
Verbrauch und Verbrauchsbelastung kleiner und mittlerer Einkommen um die Wende des 19. Jahrhunderts,
Ebenda, Bd. 36.
®) Ioh halte diese Berechnung gegenüber gewissen Anfechtungen, die sie gelegentlich, zumal bei Ger-
loff.a.a. O. erfahren hat, aufrecht. Die nähere Begründung ist in der ersten Auflage dieser Abhandlung
gegeben.