E. Th. von Eheberg, Die Reichssteuergesetze von 1913. 113
länder mit dem Zuwachs an dem gesamten steuerbaren Vermögen. ferner alle natürlichen Personen
ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Aufenthalt mit dem Zuwachs an inländi-
schem Grund- und Betriebsvermögen. Steuerpflichtig sind also auch die Abkömmlinge, sofern es
sich um einen steuerbaren Zuwachs handelt. Das Vermögen der Ehegatten wird auch hier für die
Veranlagung zusammengerechnet, sofern sie nicht dauernd getrennt von einander leben. Ist ein
Ehegatte innerhalb des Veranlagungszeitraumes gestorben, so ist der aus dem Erbfall für den
anderen Ehegatten sich ergebende Zuwachs insoweit steuerfrei, als das ererbte Vermögen in der
Hand des verstorbenen Eheteils von der Steuer in Zukunft befreit gewesen wäre. Diese Voraus-
setzung ist gegeben, wenn das ererbte Vermögen bereits vor dem ersten für die Steuerpflicht des
Erblasses in Betracht kommenden Zeitpunkt, zunächst also vor dem 1. Januar 1914 vorhanden
war, oder wenn von dem Vermögen vor oder nach der Verheiratung bereits der Wehrbeitrag oder
die Besitzsteuer entrichtet worden ist. Der überlebende Ehegatte hat also nur dann vom nächsten
Veranlagungstermine ab eine Besitzsteuer zu entrichten, wenn er durch die Erbschaft ein bis dahin
noch nicht versteuertes Vermögen erhält.
Der Steuersatz beträgt 0,75 bis 1,50 v.H. je nach Grösse des Zuwachses. Z. B. 0,75 y. H.
bei einem Zuwachs bis zu 50 000 Mk., 0,90 bei mehr als 50 000—100 000 Mk., 1,05 bei 100 000 bis
300 000 Mk., 1,50 bei mehr als 1 Million. :Der Steuersatz erhöht sich aber noch je nach der Grösse
des bereits vorhandenen steuerbaren Vermögens, z. B. um 0,1% des Zuwachses bei einem Vermögen
von 100 000 Mk., um 0,2 % bei einem solchen von 200 000 Mk., um 0,6 % bei 750000, 0,7 bei
1 Million, 0,9 bei 5, und 1 % des Zuwachses bei 10 Millionen. Die Progression ist also eine doppelte;
sie bewegt sich zwischen 0,75 und 2,5 v. H. Beträgt der Zuwachs z. B. 80.000 Mk. und hat der-
jenige, dem das Vermögen zugefallen ist, bisher kein steuerbares Vermögen gehabt, so beträgt der
Steuersatz 0,90 v. H., die Steuer also 720 Mk.; hat er aber schon ein Vermögen von 1 Million Mk.
gehabt, so werden noch weitere 0,7 v. H. = 560 Mk. vom Zuwachs erhoben, so dass die Steuer sich
auf 1280 Mk. beläuft.
Steuerermässigungen treten in den folgenden zwei Fällen ein:
1. Wenn ein Steuerpflichtiger, dessen Vermögen 100 000 Mk. nicht übersteigt, 3 oder mehr
Kindern Unterhalt zu gewähren bat, so ermässigt sich die Steuer für das dritte und jedes weitere
minderjährige Kind um 5 v. H. ihres Betrags.
2. Bei Vermögenszuwachs aus Erbschaft bis zu 50 000 Mk. einschliesslich ermässigt sich
die Abgabe, wenn der Erbe ein Abkömmling des Erblassers ist und zur Zeit des Erbfalles das 21. Le-
bensjahr noch nicht vollendet hat, für jedes bis zur Vollendung des 21. Jahres fehlende volle Jahr
um 5 v. H.; jedoch darf die Gesamtermässigung 50 v. H. der Abgabe nicht überschreiten.
Bezüglich der Veranlagung der Besitzsteuer gelten im wesentlichen die gleichen Bestimmun-
gen wie beim Wehrbeitrag, namentlich auch die, dass sie wie auch die Erhebung durch die Steuer-
organe der Bundesstaaten durchgeführt wird. Zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung sind alle
Personen mit einem steuerbaren Vermögen von 20 000 Mk. und mehr verpflichtet, wenn sie früher
weder zum Wehrbeitrag noch zur Besitzsteuer veranlagt waren, sowie alle Personen, deren Ver-
mögen sich seit einer solchen Veranlagung um mehr als 10 000 Mk. vermehrt hat. Neben anderen
Sicherungsmassregeln, die eine richtige Steuererklärung verbürgen sollen, steht der Steuerbehörde
auch das Recht zu, innerhalb 6 Monaten nach dem Tode eines Steuerpflichtigen von den Erben,
bezw. von den Testamentsvollstreckern oder Nachlasspflegern ein Verzeichnis, über das hinter-
lassene Kapital- und Betriebsvermögen zu verlangen. Wenn sich aus den Vergleichungen der letzten
und der früheren Steuererklärung ein steuerpflichtiger Zuwachs ergibt, so erteilt die Behörde dem
Pflichtigen einen Bescheid über sein Steuersoll und die Vermögensfeststellung, den sog. Veran-
lagungsbescheid. Ergibt sich kein oder nur ein steuerfreier Zuwachs, so ist dem Pflichtigen, dessen
Vermögen 20 000 Mk. übersteigt, ein Bescheid über den für eine künftige Veranlagung massgebenden
Vermögensstand zu erteilen, der sog. Feststellungsbescheid.
Die Entrichtung der Steuer verteilt sich auf den dem Veranlagungstermin folgenden, mit
dem 1. April beginnenden dreijährigen Zeitraum. Die Jahressteuer ist nach näherer Bestimmung
der obersten Landesfinanzbehörde in gleichen Halb- oder Vierteljahrsbeträgen zu bezahlen. Sie
Handbuch der Palitik. IT. Auflage. Band I.