116 K. Ih. von Eheberg, Die Reichssteuergesetze von 1913.
schaftssteuer, der andere die Einführung einer allgemeinen Vermögens- oder einer Vermögens-
zuwachssteuer und ein dritter etwa eine Erhöhung und Vermehrung der Verkehrssteuern. Aber
die unklare Forderung musste, um für die Finanzen verwertbar zu werden, eine klare reale Gestalt
erhalten. Die Entwürfe der Reichsregierung und die Beschlüsse des Reichstages haben ihr diese
gegeben. Als jene Forderung nach einer Besitzsteuer auftrat, ahnte man nicht, welch gewaltigen
einmaligen und fortdauernden Bedarf schon die nächste Zeit bringen würde. So ist esnicht eine
Besitzsteuer, sondern es sind mehrere Steuern auf die wohlhabenden, besitzenden Klassen geworden,
mittels deren man dem Bedarf gerecht zu werden bestrebt war. Sie alle aber erfüllen das Ziel, das
wohl in jenem unklaren Worte sich aussprach, sie alle liegen auf Vermögen und Erwerb.
Für die finanzwissenschaftliche Beurteilung ist aber der einmalige Wehrbeitrag von der
sog. Besitzteuer und den anderen neuen Steuern trennen.
Der Wehrbeitrag ist seinem Wesen nach teils Vermögens-, teils Einkommensteuer, in beiden
Fällen mit Progression. Für die volkswirtschaftliche Wirkung der Steuer ist es nun von grosser
Bedeutung, ob sie aus den ‚laufenden Einnahmen bestritten werden kann, oder ob das Ver-
mögen selbst angegriffen werden muss.
Von der Steuer vom Einkommen wird man trotz der starken Progression unbedenklich
das erstere annehmen dürfen. Sie beträgt beispielsweise bei 8000 Mk. Einkommen 80 Mk. bei
45 000 Mk. Einkommen 1350, bei 450 000 Mk. 31500. Die Steuerleistung verteilt sich aber auf
3 Jahre, so dass tatsächlich in jedem Jahr nur ein Drittel des Steuerbetrages fällig ist. Die Be-
steuerung wirkt also so, als ob beim ersten Beispiel etwa 0,34, beim zweiten 1, beim dritten 2!/, v.H.
in jedem der drei Jahre zu entrichten wäre. Das mag dem Betroffenen im Zusammenhalt
mit den anderen staatlichen und kommunalen Steuern sehr unbequem sein, aber die Beträge lassen
sich aus dem Einkommen bestreiten, ohne dass der Besteuerte in seiner Lebenshaltung beengt wird
oder gar das Vermögen angreifen muss.
Nicht ganz so einfach ist die Frage zu beantworten, ob der Wehrbeitrag vom Vermögen
eine reelle oder nur eine nominelle Vermögenssteuer sei, d. h. ob zu seiner Begleichung das Ver-
mögen selbst herangezogen werden muss oder ob er aus dessen Ertrag bestritten werden kann.
Man wird aber, von besonderen Ausnahmefällen abgesehen, das letztere annehmen dürfen. Die
Steuer beträgt, um ein Beispiel zu geben, bei einem Vermögen von 40 000 Mk. — unter der Voraus-
setzung also, dass daneben kein unfundiertes Einkommen vorhanden ist — 0,15 v. H. also 60 Mk.
Nimmt man an, dass das Vermögen eine Jahresrente von 4%, gewährt, so wären 60 Mk. Steuern
von 1000 Mk. Rente zu geben, also etwa 4 % der Rente. Da sich aber die Steuerentrichtung auf
drei Jahre verteilt, so beträgt sie, unter der Annahme, dass Vermögen und Rente die gleichen bleiben,
jährlich 11/, v. H. der Rente. Bei einem Vermögen von 400 000 Mk. wäre die Rente 16 000 Mk.,
die Steuer 2140 oder jährlich 713,33 Mk. oder 13,5 bezw. 4,4 v.H. Bei dem Nebeneinanderbestehen
von beitragspflichtigem Einkommen und Vermögen liegen die Verhältnisse ähnlich. Hat jemand
z. B. ein Einkommen von 40 000 und ein Vermögen von 300 000 Mk. angegeben, so werden zunächst
von dem Einkommen 5 v. H. des Vermögens also 15 000 Mk. als Ertrag des Vermögens in Abzug
gebracht; die restigen 25 000 Mk. gelten als unfundiertes Einkommen. Die Steuer ist also von
300 000 Mk. Vermögen und 25 000 Mk. Einkommen zu entrichten. Die erstere beträgt 1450, die
letztere 400 Mk., der ganze Wehrbeitrag also 1850 oder jährlich 617 Mk., die aus dem jährlichen
Gesamteinkommen wohl bestritten werden können, ohne dass das Vermögen selbst angegriffen
zu werden braucht.
Es soll aber nicht in Abrede gestellt werden, dass Fälle möglich sind, in denen der Wehrbei-
trag teilweise aus dem Vermögen selbst entrichtet werden muss; so wenn die Rente eine geringe
ist, oder wenn das Vermögen in den 3 Jahren sich verringert. Allerdings sucht das Gesetz solchen
unerwünschten Folgen vorzubeugen, indem es bestimmt, dass bei Einkommen von nicht mehr
als 2000 Mk. 50 000, bei solchen von 2—4000 Mk. 30 000 Mk. Vermögen steuerfrei bleiben, und durch
die andere Vorschrift, dass, wenn sich das Einkommen zwischen der Erhebung des ersten und des
zweiten oder letzten Drittels des Wehrbeitrages um mindestens 40 v. H. vermindert hat, dann
auf Antrag eine entsprechende Ermässigung der späteren Beitragsteile zu gewähren sei.