K. Th. von Eheberg, Steuerroformen. 139
höheren Leistungsfähigkeit, d. h. seinem grösseren freien Einkommen entsprechenden Zusatz-
steuer zu unterwerfen sei.
Auch die Vermögenssteuer wird bei steigendem Bedarf der Einzelstaaten in höherem Masse
als bisher in Anspruch zu nehmen sein. Zwar rechtfertigen sich bei einer nominellen und die Ein-
kommensteuer nur ergänzenden Vermögenssteuer mässige Sätze; aber die niedrigen Sätze der
preussischen Vermögenssteuer erklären sich doch nur aus der begreiflichen Tatsache, dass man bei
ihrer Einführung so vorsichtig und schonend wie möglich vorgehen wollte. Es liesse sich aber, so-
lange die Einkommensteuer sich in mässigen Sätzen und schwacher Progression bewegt, eine stärkere
Anspannung der Vermögenssteuer wohl verteidigen. Auch ein progressiver Steuerfuss wäre zu
rechtfertigen. Gewiss soll in der nominellen Vermögenssteuer neben der Einkommensteuer nur
der Besitz, ausgedrückt in Geldwerten, getroffen, sein Ertrag dagegen in den Sätzen der
Einkommensteuer differenzierend erfasst werden; aber es ist doch kaum zweifelhaft, dass, je grösser
der Besitz, um so grösser auch die Sicherheit des Einkommensbezuges und um so grösser die Lei-
stungsfähigkeit. Namentlich bei grossen Vermögen könnte eine progressive Besteuerung ein Äqui-
valent bieten gegenüber der doch im ganzen ungenügenden Progression der Einkommensteuer.
Spätere Reformen werden auch an der Frage nicht vorübergehen können, ob es berechtigt ist, das
bewegliche Nutzvermögen, wie es heute grundsätzlich der Fall ist, von der Steuer auszunehmen.
Der Ausschluss desselben hat den Vorteil, dass die Veranlagung wesentlich vereinfacht wird. Aber
es ist ein Widerspruch, das unbewegliche Nutzvermögen, also Wohngebäude, Gärten, Parks, ob-
wohl auch diese nur dem persönlichen Genuss dienen, der Steuer zu unterstellen, das bewegliche
dagegen nicht. Je grösser Wohlstand und Reichtum sind, um so grösser und wertvoller pflegt auch
der Besitz an kostbarem Hausgeräte, an Schmuck, Sammlungen u. dergl. zu sein. Dieser Besitz
entzieht sich bei Lebzeiten des Besitzers jeglicher Besteuerung, während die weniger Begüterten
ihre Ersparnisse doch vorwiegend nutzbringend anzulegen veranlasst sind und diese damit sowohl
unter die Vermögens- wie unter die Einkommensteuer fallen. Natürlich müssten Wohnungsein-
richtungen und Gebrauchsgegenstände geringeren Wertes, etwa im Gesamtbetrag von 10 000 M.,
von der Steuer befreit bleiben. Dass die Veranlagung Belästigungen und auch Schwierigkeiten
böte, ist nicht zu bezweifeln; doch dürfen diese auch nicht überschätzt werden. Je mehr der Staat
die Leistungsfähigkeit seiner Angehörigen nur mittels der Einkommen- und Vermögenssteuer
erfasst, um so notwendiger wird es, diese möglichst genau der Leistungsfähigkeit anzupassen.
Nur noch ein paar Worte bezüglich dr Kommunalbesteuerung.
Fast in gleichem Masse wie das Reich leiden die Kommunalkörper unter dem Mangel an
Elastizität und Beweglichkeit ihres Steuerwesens. Namentlich da, wo sie auf Zuschläge zu den
Staatssteuern angewiesen sind. Die Bereitwilligkeit Steuern zu zahlen, an sich nur wenig ent-
wickelt, wird auf eine harte Probe gestellt, wenn zu den Staatssteuern noch 200 Proz. und mehr
Gemeindesteuern eingefordert werden. Es ist begreiflich, dass alle Parteien, mit Ausnahme der
Sozialdemokraten, deren Wähler davon zumeist nicht berührt werden, sich schwer entschliessen,
die Gemeindezuschläge um 5, 10 oder gar 20 Prozent und mehr in die Höhe zu treiben. Umso be-
greiflicher als in den Gemeindevertretungen doch die Majorität in der Regel von Angehörigen des
Mittelstandes gebildet wird, dem das Steuerzahlen besonders schwer fällt. Die Folge ist dann eine
nicht immer gerechtfertigte Mehrung des Schuldenwesens, indem Ausgaben, die bei richtiger Finanz-
wirtschaft auf Steuern übernommen werden sollten, namentlich im Bauwesen, durch Anleihen
bestritten werden, oder das Unterlassen von Ausgaben und eine kleinliche, schliesslich sich rächende
Gemeindepolitik. Wenn viele Gemeindevertretungen es z. B. unterlassen, rechtzeitig ıhren Grund-
besitz zu vermehren, so trägt daran, abgesehen von Verständnislosigkeit und manchesterlicher
Prinzipienreiterei, doch in erster Linie die Furcht die Schuld, die Gemeindelasten vorübergehend
zu vermehren. In Deutschland kommt dazu, dass Staat und Reich, eifersüchtig auf ihre finan-
ziellen Rechte und ängstlich darauf bedacht, sich selbst möglichst viele Einnahmequellen zu sichern,
den Gemeinden gelegentlich auch solche Einnahmen versperren oder verkümmern, die für diese
besonders geeignet wären. Es sei nur an den Zugriff des Reiches auf die Zuwachssteuer erinnert,
obwohl, wie oben bereits betont wurde, der Zusammenhang zwischen Bodenwertzuwachs und Ge-
meindeentwicklung fraglos ungleich stärker und nachweisbarer ist als der zwischen Bodenwert-