158 Otto Schwarz, Die öffentlichen Kredite.
Indenanderen Bundesstaaten ist die Verwaltung der Staatsschuld, wie hier ebenfalls
gleich bemerkt sein mag, insofern ähnlich geregelt, als auch hier überall besondere Schuldenverwal-
tungen eingerichtet sind, deren Tätigkeit vom Finanzchef, aber auch vom Parlament kontrolliert wird.
2. Feste oder fundierte Schulden der Bundesstaaten.
Wenn wir die Zwecke betrachten, für welche die Schulden der Einzelstaaten auf-
genommen sind und aufgenommen werden, so scheiden Anleihen für Heer- und Flottenkosten und
damit die wichtigsten der sog. unproduktiven Ausgaben hier naturgemäss aus. In den Bundes-
staaten sind die Anleihen vor allem für sog. produktive Zwecke aufgenommen worden.
Ganz genau lässt sich der auf produktive Ausgaben entfallende Anleihebetrag namentlich in den
Ländern nicht feststellen, welche nur eine einheitliche, die konsolidierte Schuld besitzen und
Sonderschulden für besondere Verwaltungszweige z. B. Eisenbahnschulden nicht kennen. Dies
ist z.B. der Fall in Preussen. In mehreren anderen Bundesstaaten mit Staatsbahnbesitz ist
wenigstens die Eisenbahnschuld von der allgemeinen Schuld getrennt. So in Bayern, Baden,
Hessen, Mecklenburg-Schwerin; bei Sachsen, Oldenburg, Sachsen-Meiningen ist die Trennung nicht
ganz scharf durchgeführt.
In manchen Einzelstaaten findet sich noch eine weitere Zerlegung der Staatsschuld in
besondere Schuldenzweige. So teilt sich die Bayerische Staatsschuld in 4 grosse Fonds: Die All-
gemeine Staatsschuld, die Eisenbahnschuld, die Grundrentenablösungsschuld und die Landes-
kulturrentenschuld. Hessen hat eine eigentliche Staatsschuld, eine Landeskreditkassen-Schuld,
eine St ten-Ablösungsschuld und eine Landeskulturrentenschuld. Auch die kleineren Bundes-
staaten sind meist noch nicht zu einer einheitlichen konsolidierten Schuld vorgeschritten.
Die Entwicklung der Schulden aller Bundesstaaten ergiebt die Tabelle auf Seite 157.
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3. Schulden der deutschen Schutzgebiete.)
Die deutschen Schutzgebiete sind nicht Teile des Reichsgebiets und den Bundesstaaten nicht
gleichstehend, sondern sind als Pertinenzien des Reichs anzusehen, die aber in vermögensrechtlicher
Hinsicht als besondere Rechtssubjekte behandelt werden und besondere Landesfisci bilden. Die
gesetzliche Grundlage ihrer vermögensrechtlicher Stellung bildet das Ges. v. 30.3. 1892 RGBl. S. 369.
Als Landesfisci solche können sie selbständig Vermögen besitzen und Schulden machen. Eine Einrich-
tung besonderen Papiergeldes und besonderer schwebender Schulden für die Schutz-
gebiete besteht nicht. Um dringliche Ausgaben decken zu können, sind für dıe Schutzgebiete
besondere Ausgleichsfonds, früher Reservefonds genannt, geschaffen worden, welche
gespeist werden aus den etatsmässigen Einnahmen und aus Ersparnissen bei den fortdauernden
und einmaligen Einnahmen, sowie aus Rückeinnahmen bei Verkaufserlösen. Die Verfügung über
diese Fonds erfolgt durch den Etat, der meist einen Posten „zu unvorhergesehenen Ausgaben“
aufweist. Die Fonds sind in Schuldverschreibungen der Schutzgebiete oder in Schuldverschreibungen
bezw. verzinslichen Schatzanweisungen des Reichs oder deutscher Bundesstaaten anzulegen.
Bis 1911 sind in die Ausgleichsfonds geflossen für Ostafrika 2 745 738M., Kamerun 2110709 M.,
Südwestafrika 3288223 M., Togo 430551 M., Samoa 82 916 M.
Besondere feste oder fundierte Schutzgebietsanleihen giebt es
für die Schutzgebiete erst seit dem Gesetz v. 18. Mai 1908 (RGBI. 8. 157). Bis dahin waren im Falle
der Notwendigkeit der Aufbringung ausserordentlicher Einnahmen für die Schutzge-
biete (für fehlende ordentliche Einnahmen werden Reichszuschüsse gewährt) Anleihen
vom Reiche als solchem aufgenommen worden, deren Erlös den Schutzgebieten als rückzshlbares
Darleben gegeben wurde. S. Ges. v. 23. Juli 04. RGBl. S. 329, 18. Mei 08 RGBl. S. 206 betr.
Darlehen in Togo (7,, Mill.) und R. G. v. 16. März 07 RGBl. S. 73 betr. Darlehen an das südwest-
afrikanische Schutzgebiet (40,, Mill. M.).
") S. Dr. v. Osterroth, Das Sohuldenwesen der deutschen Schutzgebiste, Leipzig 1811.