Ludwig Weber, Christlich-Soziale. 13
3. Die christlich-soziale Partei erblickt die vornehmste Hilfe für die Sohäden unseres Volkes in der Geltend-
machung der Lebenskräfte des Evangeliums auf allen Gebieten. Sie will Staat und Gesellschaft, Haus und Per-
sönliohkeit unter den Einfluss des lebendigen Christentums stellen und dadurch für die Erneuerung des deutschen
Geistes die allein wirksame Grundioge schaffen helfen. Als eine der ersten Bedingungen dazu fordert sie die Be-
setzung der Benmtenstellen, besonders der hervorragenden, mit sittlich tüchtigen Persönlichkeiten.
4. Die christlich-soziale Partei sieht in dem kurporativen Aufbau des Volkes unter Wahrung seiner poli-
tischen Rechte das Mittel wider den gewaltsamen Umsturz des Bestehenden. Sie erstrebt eine mit Pflichten und
Reohten ausgestattete Berufsvertretung für jeden Stand.
6. Die christlich-soziale Partei verfulgt als Ziel die friedliche Lösung der sozialen Sohwierij keiten auf dem
Wege einer starken Sozialreform durch die Verringerung der Kluft zwischen reich und arm und hrliche Zu-
sammenwirken aller Stände an der Einheit, Freiheit, Ehre und Grösse des Vaterlandes unter der Führung eines
volkstümliohen Kaisertums,
Die Einzelforderungen lauten:
I. An die Stasispolitik:
1. Erhaltung einer starken Monarchie. Bundesstaatliche Verfassung
2. Wahrung der politischen Rechte des Volkes, insbesondere des Reighstagemwahlrechts, Geheime Ab-
stimmung für alle Wahlen.
3. Volle Selbständigkeit der Kirohen in kircblichen Dingen. Keine Bedrückung der Freikirchen und
Gemeinschaften.
Erhaltung der konfessionellen Schule. Wahrung der konfessionellen Rechte bei den bestehenden Si-
multansohulen. Möglichste Durchführung einer einheitlichen Volkserziehung in den ersten Schuljakıen. Gesetz-
licbe Zulassung freier Schulen unter staatlicher Aufsicht. Ausreichende Staatsbeihilfe zum Besuche höherer Schulen
für begabte Kinder unbemittelter Elter - Pflichtfortbildungsschule. Fachliche Schulaufsicht. Beaufsichtigung
des Religionsunterrichts durch die Kir: ıe.
6. Einrichtung der Staats- und Gemeindebetriebe zu Musterbetrieben. Organisationsrecht der Staats-
und Gemeindeangestellten. Beamtenausschüsse.
. Übernahme geeigneter Betriebe in öffentlich-rechtlichen Besitz, sofern es das Gemeinwohl erfordert.
7. Einf ührung eines Rechtes, das die Benutzung des Bodens fördert und die Wertsteigerung, die or ohne die
Arbeit einzelner erhält, möglichst dem Volksganzen nutzbar macht.
. Verminderung der Eide. Mitwirkung von Laien in der Rechtsprechung. Durchdringung unseres Reohta-
lebens mit sozialem Geist nach deutschen Anschauungen.
9. Scohärfere Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit.
Il. An die Wirtschafts- und Gewerbepolitik:
„ Sohutz der deutschen Arbeit in Stadt und Land. Schutz der einheimischen gegen die ausländischen
Arbeite
2. Staatliche Massregeln zur Erhaltung eines gesunden und zur Einschränkung eines übergrossen Grund-
besitzes. Schutz gegen Güterschlächterei. Förderung ländlicher Wohlfahrt und Heimatpflege. Reform des Hy-
pothekenwesens im ländlichen Grundbesitz. Festsetzung der Verschuldungsgrenze und planmässige Entschuldung.
Ansässigmachung ländlicher Arbeiter und innere Ansiedlung.
3. Befähigungsnachweis. Umfassende Pekämpfung « des unlautern Wettbewerbs. Erweiterung der Innungs-
rechte. 4 watlio e Förderung von Handwerk und Gewe
ik. 4. Erhaltung und Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit der Industrie durch eine nationale Wirtschafte-
po
Il. An die Sozialpolitik,
1. Einordnung des Arbeiterstandes in den gesamten Volks- und Gesellschaftskörper auf Grundlage der
Gleichberechtigung
2. Sicherung des Koalitionsrechts, Staatliche Anerkennung der Berufsvereine, Förderung der Tarifbe-
strebungen. Reichsarbeitsam!
3. Festsetzung eines gesundheitlichen Höchstarbeitstages nach Art des Berufes und Gewerbes. Sohutz
der Arbeiter und Angestellten gegen gesundheitswidrige Zustände in den Arbeitsräumen.
4. Ausbau der bestehenden Versicherungsgesetzgebung und Ausdehnung derselben auf alle Minderbe-
mittelten. Verstärkter Wöchnerinnenschutz. Förderung der Arbeitslosenfürsorge.
Unentgeltlicher paritätischer Arbeitsnachweis.
6. Arbeiterschutz in der Hausindustrie. Festsetzung verbindlicher Mindestlohntarife durch Lohnämter für
geeignete Massensachen
7. Tunliche Durchführung der 36stündigen Sonntagsruhe,
8. Ausdehnung der Ruhe auf die Angestellten des Verkehrs. und Scehankgewerbes, besonders an Sonntagen.
9. Öffentliche Regelung und Beaufsichtigung der Wohnungsverhältnisse.
10. Wirksame Beaufsichtigung aller Syndikate und Trusts und Massnahmen gegen ausbeuterische Privat-
monopole.
11. Handelsaufsicht. Privatbeamten-Versicherung.