Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

272 Georg Eger, Eisenbahnwesen. 
  
haltung der Betriebssicherheit zu dem Erfordernis einer besonderen Schulung und 
Ausbildung der mit dem Betriebe unmittelbar befassten Beamten. Die über die Aufrecht- 
erhaltung der Sicherheit des Betriebes erlassenen Vorschriften betreffen sowohl Staats-, wie Privat- 
bahnen, weil ja ersichtlich hier (anders als bei den vorher erwähnten Vorschriften über die politische 
Tätigkeit der Beamten im staatsfeindlichen Sinne) der Staat nicht nur um seines Bestandes, sondern 
um der Sicherheit jedes Benutzers der Eisenbahn willen einzugreifen hat. 
Unter Betriebsbeamten versteht die Bau- und Betriebsordnung nachstehende Personen: 
1. die die Unterhaltung und den Betrieb der Bahn leitenden und beaufsichtigenden Beamten; 
3. Bahn- und Betriebskontrolleure; 3. Stationsvorsteher, Aufseher, Fahrdienstleiter; 4. Bahn- und 
Telegraphenmeister; 5. Rottenführer; 6. Weichensteller; 7. Block-, Bahn- und Schrankenwärter; 
8. die Zugbegleitungsbeamten; 9. Betriebswerkmeister; 10. Lokomotivführer und Heizer; 11. Ran- 
gier- und Wagenmeister. Es gelten für sie, mag es sich um Beamte der Staats- oder Privatbahnen 
handeln, die besonderen Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebs- und Polizei- 
beamten vom 3. April 1908 (RGBl. S. 134,, abgeändert 10. 7. 11 RGBl. 475. Die Betriebsbeamten 
müssen bei der ersten Zulassung zur selbständigen Wahrnehmung des Dienstes mindestens 21 Jahre 
alt sein und dürfen das 40. Lebensjahr nicht überschritten haben. Ausnahmen sind zugelassen bei 
Eisenbahninvaliden, die als Bahnsteigschaffner, Schrankenwärter, Wächter und Pförtner auch 
später zugelassen werden können. Ebenso können über 40 Jahre alte Frauen als Schranken- und 
Haltepunktwärter angestellt werden. 
Die Betriebsbeamten müssen unbescholten sein, die für den Dienst nötige körperliche Rüstig- 
keit und Gewandtheit und ein ausreichendes Hör-, Sch- und Farb terscheidungsvermögen be- 
sitzen. Sie müssen fertig lesen, schreiben und mit dem Fernsprecher umgehen können. Mit den 
Dienstvorschriften müssen sie vertraut sein. 
Die Vorschriften gelten für das ganze Reich. In die gleiche Klasse der Vorschriften gehören 
auch die gleichfalls einheitlich geregelten Bestimmungen über die planmässige Dienst- und Ruhe- 
zeit der Eisenbahnbetriebsbeamten, die auf Vereinbarungen der Bundesregierungen beruhen und 
auf alle Beamten Anwendung finden, auf welche sich die Bestimmungen über die Befähigung als 
Eisenbahnbetriebsbeamter erstrecken. Nach diesen Bestimmungen soll der Dienst der Stations- 
beamten (Vorsteher, Aufseher, Assistenten usw.) täglich 8 Stunden bei angestrengtem Dienst, sonst 
12 Stunden nicht überschreiten. Das Bahnbewachungspersonal darf 14 Stunden hintereinander 
beschäftigt werden, das Zugbegleitungspersonal im monatlichen Durchschnitt täglich 11 Stunden 
(einzelne Dienstschicht nicht mehr als 16 Stunden), Lokomotivpersonal durchschnittlich 10, im 
einzelnen nicht mehr als 16 Stunden. Die Länge der Ruhepausen ist für die einzelnen Kategorien 
entsprechend geregelt. Jedenfalls müssen den Beamten mindestens zwei Ruhetage (je 24 zusammen- 
liegende Stunden) im Monat gewährt werden. Diese Vorschriften fallen zum gewissen Teil gleich- 
zeitig in das Gebiet der Fürsorge für die Bahnangestellten, auf die sich ebensowohl aus sozialem 
Empfinden heraus wie aus der Erwägung der Notwendigkeit der Erhaltung eines arbeitsfreudigen, 
zufriedenen Personals die Aufgaben der Eisenbahnverwaltungen in besonders hohem Grade richten 
muss. . Abgesehen von der reichsrechtlich geordneten Fürsorge (sozialpolitische Gesetzgebung), die 
zum Teile, wenigstens im Bereiche der preussisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft, eine be- 
sondere Ausgestaltung (Arbeiterpensionskassen) als besonders zugelassene Einrichtungen der 
Invalidenversicherung mit besonderen Veranstaltungen für die Gewährung von Heilstättenpflege 
erfahren hat, ist auch anderweit für die Beamten und Arbeiter Fürsorge getroffen. Hierher gehören 
Beiträge an Wohlfahrtsvereine wie z. B. zu Spar- und Darlehnskassen, Vorschusskassen, zu Ein- 
richtungen der Kleinkinderfürsorge und Krankenpflege an kleinen Orten mit zahlreichem Eisenbahn- 
personal (Aufwand im Jahre 1911 109 250 Mark) und Beiträge zu Genesungsheimen der Beamten 
und Arbeitervereine (Aufwand 1911: 50000 Mark). Einschliesslich der gesetzlichen Pensionen, 
Witwen- und Waisengelder sind in Preussen-Hessen im Jahre 1911 102410 392 M. für Wohlfahrts- 
zwecke ausgegeben worden. ) Nicht eingerechnet sind hierbei die Einrichtungen für das Beamten- 
wohnungswesen. In dieser Beziehung geht das Bestreben dahin, im Interesse der Beamten Dienst- 
wohnungen anzuweisen. Im Jahre 1911 betrug die Zahl der Dienstwohnungen der Beamten im 
*, Wohlfahrtseinriebtunugen im Bereiche der Pr. liess. Staatsbahnen, Eisenb.-Archiv 1913, S. 54 ff. sowie 
lmmedistberioht S. 4U ff.
	        
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