Georg Eyer, Eisenbahnwesen. 278
Bereiche der preussisch-hessischen Eisenbahn-Gemeinschaft 30361, immerhin einen geringen
Prozentsatz des wirklichen Bedarfes, der durch Wohnungsgeldzuschüsse ersetzt wird. (56 907 208 M.)
die 30 361 Wohnungen ersetzten einen Wohnungsgeldzuschuss von 8 146 408 also 1/7.) Vor allem
die Unterbringung der gering besoldeten Beamten und der Arbeiter in geeigneten Wohnungen lässt
sich (namentlich in Preussen) der Staat durch Bereitstellung von Mitteln zur Förderung des Klein-
wohnungsbaues für diese Kategorien von Angestellten angelegen sein. .
VI. Kleinbahnwesen.
$9. Eisenbahnen, die wegen ihrer geringen Bedeutung für den allgemeinen Eisenbahnverkehr
den für Haupt- und Nebenbahnen geltenden Bestimmungen nicht unterworfen sind,’) werden als
Kleinbahnen bezeichnet. Für sie bestehen andere Rechtsnormen als für die Haupt- und Neben-
bahnen.) Man unterscheidet 1. nebenbahnähnliche Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb (d. h.
solche, die über den Strassenverkehr eines Stadtgebiets hinaus den Personen- und Güterverkehr
von Ort zu Ort vermitteln und sich nach Ausdehnung, Anlage und Einrichtung den sog. Neben-
bahnen nähern); 2. städtische Strassenbahnen mit Maschinenbetrieb und 3. sonstige Kleinbghnen
(ohne Maschinen oder mechanischen Betrieb). Der Natur dieser auf den lokalen Verkehr beschränk-
ten Bahnenentsprechend, gibt es keine einheitlichereichsrechtliche Regelung; in Preussen gilt das Ge-
setz vom 28. Juli 1892, dessen grundlegende Vorschriften in die landesgesetzliche Regelung zahl-
reicher anderer Bundesstaaten übergegangen sind. Unter der Herrschaft dieser Vorschriften ist die
Entwicklung des Kleinbahnwesens in den letzten 20 Jahren sehr erfreulich gewesen; ‘die derzeitige
Ausdehnung ist ersichtlich aus dem Ergänzungsheft 1911 der Ztschr. für Kleinbahnen. Reiches Material
über die Entwicklung in Preussen enthalten die regelmässigdem Landtage zugehenden Denkschriften.?
Die Kleinbahnen dienen dem lokalenVerkehr, sie werden daher zumeist namentlich in Preussen
nicht von der Staatseisenbahnverwaltung betrieben, sondern den lokalen Interessenten überlassen.
In Preussen sind Träger solcher Kleinbahn-Unternehmungen im Sinne von Ziffer 1 sehr häufig die
Kreise, sonst Gesellschaften, bei denen die Kreise mit Gesellschaftsanteilen beteiligt sind, oder
Private. Üblich sind Beihilfen des Staates und der Provinzen. Nähere Nachweisungen hierüber
geben die oben erwähnten Denkschriften.
Es kommen Kleinbahnen mit verschiedener Spurweite vor: Normalspur (1,435 m) — 1,00 m;
0,75 m; 0,60 m; vereinzelt auch 0,90 m. Je geringer die Spurweite, desto grösser die Anpassungs-
fähigkeit der Bahn an das Gelände, desto billiger die Baukosten, dafür andrerseits bei der Normal-
spur der Vorteil direkter Überführung der Güterwagen auf die Hauptbahn und dadurch Ersparung
der Umladekosten. Bei Kleinbahnen in landwirtschaftlichen Gegenden sind die geringeren Spur-
weiten beliebt, da diese zumeist bei den Feldbahnen üblich sind und es daher möglich ist, die Feld-
bahn unmittelbar an die Kleinbahn anzuschliessen und die Kleinbahnwagen zur Beladung direkt
aufs Feld zu bringen.
Für die Hauptbahnen bedeuten die Kleinbahnen die Saugadern, die den Verkehr aus den
nicht an den Hauptlinien belegenen Gegenden aufsaugen und ihnen zuführen. Die wirtschaftliche
Erschliessung solcher für den Bau von Haupt- und Nebenbahnen nicht geeigneter Gebiete liegt im
Staatsinteresse, daher sind auch Beihilfen aus Staats- oder Provinzial-Mitteln gerechtfertigt.
Hinsichtlich des Anschlusses von Kleinbahnen an die Staatsbahnen herrscht im allgemeinen
grosses Entgegenkommen. Wagenübergang (der naturgemäss nur bei normalspurigen Kleinbahnen
möglich) wird meist davon abhängig gemacht, dass die Kleinbahn eine ihrem Verkehr entsprechende
Anzahl G.-Wagen beschafft und in den Staatsbahnwagenpark einstellt. Direkte Tarife werden
in Preussen mit der Staatsbahn nicht eingerichtet, dagegen Vergünstigungen bei der Abfertigungs-
gebühr und der Überführung von Wagenladungen und Stückgut gewährt.
?) Preuss. Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen vom 28. Juli 1892 (G. 8. 1892, 8. 225 ff.).
®) Gleim, Handbuch d. st. 2. Aufl. V S.91ff. Wächter, Die Kleinbahnen in Preussen. Eger, Das
Gesetz über die Kleinbahnen, 3. Aufl. 1913. Ecer, Die Entwicklung der Kl. in Preussen (Zt. f. Kleinbahnen
1904 S. 1-37). Himbeck-Bandekow, Wie baut und betreibt man Kleinbalnen ? 1906.
®) Eine vortreffliche Übersicht über den jetzigen Stand des Kl.-Bahnwesens in Preussen im Immediatberichı
Nr. 118—127, Das Kleinbalınnetz betrügt im Deutschen Reich an Strassenbahnen 4654,9 kn, davon in Preussen
3419,3, an nebenbahnähnlichen Kleinbahnen 10463,9. davon in Preussen 10154. (Reichsstatistik 1913 8. 126.
Handbuch der Politik. II. Auflage. Band II. 16