Th. Rehbock, Süddeutsche Schiffahrtspläne. 977
insbesondere im Kohlenbezug wesentlich günstiger gestellt wird; um die Kanalisierung des Neckars
ist Württemberg bemüht. Die Frage der Schiffbarmachung des Rheins (oberhalb Mannheim), des
Mains und Neckars sind aber Fragen. die in das Kapitel „Süddeutsche Schiffahrtspläne‘‘ gehören.
Als wichtigste Fragen des Ausbaus der norddeutschen Wasserstrassen darf man, abgesehen
von den im Bau befindlichen Kanälen, bezeichnen: die Kanalisierung von Mosel und Saar,
das Schlussstück des Mittellandkanals (Hannover-Elbe), die Verbesserung der mittleren und
oberen Elbe (nebst Saale).
Durch das inzwischen erlassene Reichsgesetz für den Ausbau der deutschen Wasser-
strassen sind viele, bisher heiss umstrittene Fragen geklärt worden. Durch das Gesetz werden
für Rhein, Weser und Elbe „Strombauverbände“” geschaffen und es wird ein Programm für
den künftigen Ausbau aufgestellt. Die wichtigsten Angaben hierüber enthält die vorstehende
Zusammenstellung.
b) Süddeutsche Schiffahrtspläne.
Von
Oberbaurat Th. Rehbock,
o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe,
Je mehr die Entwicklung der Verkehrsmittel und die Vervollkommnung der Handelsbe-
ziehungen den Güteraustausch erleichtert hat, um so lebhafter ist der wirtschaftliche Kampf
der Kulturvölker unter einander um dem Absatz der Erzeugnisse des heimischen Gewerbefleisses
auf dem Weltmarkt geworden. Namentlich die Staaten, die eine starke Zunahme ihrer Be-
völkerung aufzuweisen haben, und die nicht mehr in der Lage sind, die wechs:nde Zahl ihrer
Bewohner aus dem Ertrag des eigenen Bodens an landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu ernähren,
sind genötigt worden, in diesen Wettkampf einzutreten, um durch eine ständig steigende Aus-
fuhr von Erzeugnissen der heimischen Industrie den Gegenwert für den Unterhalt der Bevölke-
rung mit eingeführten Nahrungsmitteln und für auslärdische Rohstoffe zu gewinnen, um ihre
Einnahmen zu erhöhen und ihre wirtschaftliche Macht zu festigen. An dem grossen wirtschaft-
lichen Ringen um die vorhandenen Absatzgebiete nimmt neben England und den Vereinigten
Staaten von Nordamerika das Deutsche Reich in schnell wachsendem Umfang teil, da die
auf 850 000 Köpfe gestiegene jährliche Bevölkerungszunahme gebieterisch zur schnellen Erweite-
rung des Absatzes heimischer Erzeugnisse im Ausland zwingt.
In diesem wirtschaftlichen Wettstreit kommt Deutschland der hohe Stand seiner Technik,
die gute Ausbildung und die Tüchtigkeit seines Kaufmannsstandes, seine glänzend organisierte
Seeschiffahrt und eine leistungsfähige Arbeiterbevölkerung zugute, während die natürlichen Grund-
lagen für die industrielle Leistungsfähigkeit in den einzelnen Teilen des Reiches sehr ungleich-
mässige sind.
Die besten natürlichen Vorbedingungen findet die Industrie in Deutschland in den Gebieten
am Niederrhein, die nicht nur reiche Kohlenlager und damit die wichtigste Grundlage für die
Grossindustrie besitzen, sondern denen auch in der Wasserstrasse des Rheins ein vorzüglicher,
äusserst billiger Verkehrsweg einerseits zu den grossen Nordseehäfen in Belgien und den Nieder-
landen, andererseits zum deutschen Binnenland zur Verfügung steht. Infolge der Gunst dieser Ver-
hältnisse hat sich hier das Erwerbsleben in einer Grossartigkeit entwickelt, wie an keiner andern