Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

296 Bernhard Huldermann, Seeschiffuhrt. 
Ende. Deutschland kennt ebenso wie England nur Postdampfer-Subventionen, und von 
Belang sind nur die für die Verbindung nach Ostafrika an die Deutsche Ost-Afrika-Linie und für 
die Verbindung nach Australien und Ostasien an den Norddeutschen Lloyd bezahlten, zusammen 
etwa 7 Millionen Mark. Kleinere Beträge werden für lokale Postverbindungen im fernen Osten 
bezahlt. Jene grösseren Subventionen sind bisher damit motiviert worden, dass ihnen besondere 
Leistungen gegenüber stehen, u. a. in Gestalt eines besonders hochwertigen Dampfermaterials 
und zahlreicherer Abfahrten, als sie einer auf die eigene Kraft allein angewiesenen Linie möglich 
gewesen wären. Die Reichsregierung hat diese höheren Ansprüche früher gestellt, um im Interesse 
unserer Kolonien und der Entwicklung unseres Handels besonders leistungsfähige Verbindungen 
zu haben, die mit den gleichfalls subventionierten ausländischen konkurrieren sollten. Seither haben 
sich die Verhä:tnisse allerdings sehr wesentlich verschoben, sodass heute ein Teil der deutschen 
Schiffahrt bereits auf dem Standpunkt steht, dass die Subventionen mehr zeitgemäss seien. Dieser 
Ansicht ist 2. B. auch in der letzten Generalversammlung der Deutschen Ost-Afrika-Linie Ausdruck 
gegeben worden. Ferner hat die Hamburg-Amerika Linie erklärt, dass sie ohne Subvention einen 
Passagierdampferdienst nach Ostasien einrichten werde. Auf anderen Gebieten ausser den oben 
erwähnten erhält die deutsche Schiffahrt keine staatliche Unterstützung. 
Fälschlich hat man im Auslande oft das Gegenteil behauptet, und zum Beweise dieser Be- 
hauptungen auch die deutsche Eisenbahnpolitik herangezogen, weil sie in Gestalt des „Deutschen 
Levantetarif‘“ und des „Deutschen Ostafrikatarif‘‘, ferner durch die „Ausfuhrtarife zur Ausfuhr 
über See nach ausserdeutschen Ländern“ besondere Massnahmen zugunsten der deutschen Schiff- 
fahrt geschaffen habe. Dabei übersieht man, dass die beiden ersten Tarife dadurch zustande ge- 
kommen sind, dass sowohl die beiden beteiligten Reedereien wie die Eisenbahn besonders ermässigte 
Frachtsätze normiert und diese kombiniert haben, um die deutsche Ausfuhr nach jenen Gebieten, 
nach denen sie im Vergleich zu der anderer Länder besonders ungünstig gestellt war, zu fördern. 
Nur mit sehr billigen Frachten kann die deutsche Ausfuhr nach der Levante mit der, die von Triest, 
Genua, Marseille usw. ausgeht, überhaupt konkurrieren. Ebenso sind die allgemeinen Ausfuhr- 
tarife, deren Benutzung übrigens nicht an die deutsche Flagge geknüpft ist und die auch nach den 
Rheinmündungshäfen existieren, im Interesse der Ausfuhrindustrie und des Ausfuhrhandels ge- 
schaffen, weil unsere Fabriken vielfach einen Weg von Hunderten von Kilometern bis zum See- 
hafen haben, während die englischen sehr viel näher der Küste oder direkt am Meere liegen und 
dadurch enorm begünstigt sind. 
IY. Schiffbau. 
Der deutsche Eisenschiffbau ist unter den grossen deutschen Industrien eine der jüngsten. 
Er hat sich, ebenso wie die deutsche Schiffahrt, eigentlich erst im Verlauf der letzten 30 Jahre 
entwickelt, als die Ausgestaltung der deutschen Kriegs- und Handelsflotte ihm ein ständiges 
Arbeitsquantum und damit die Möglichkeit gab, sich einen ausreichenden geschulten Arbeiter- 
stamm heranzuziehen. Er ist von der Entwicklung unserer Schiffahrt auch stark abhängig 
geblieben, weil es ihm bisher noch nicht möglich war, im Wettbewerb mit der mächtigen englischen 
Konkurrenz Aufträge vorm Auslande dauernd in grösserem Umfange zu erhalten, umsoweniger, 
da bei der Vergebung solcher Aufträge häufig politische Beziehungen und finanzielle Hilfeleistungen 
mehr ausschlaggebend sind als Preis und Qualität der Lieferung. Man kann wohl sagen, dass der 
deutsche Schiffbau im allgemeinen am Vorbilde des englischen gross geworden ist, dass er es ver- 
standen hat, sich an diesem Vorbilde auf eine Höhe emporzuarbeiten, die Lehrer und Schüler zu- 
gleich Ehre macht. Wenn wir heute konstatieren, dass auf deutschen Werften Kriegsschiffe ge- 
baut werden, die, soweit ein Laie das beurteilen kann, keinen ausländischen nachstehen, und wenn 
für die Handelsflotte drei Schiffe gebaut werden, wie es gegenwärtig in Hamburg der Fall ist, die 
allem, was überhaupt auf dem Ozean schwimmt, zum mindesten gleichkommen, wenn nicht es 
übertreffen werden, so spricht das wohl am besten für die Leistungsfähigkeit unseres Schiffbaus. 
Wie schr der Aufschwung der deutschen Schiffbauindustrie unsere Schiffahrt vom Auslande,
	        
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