Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

Bernhard Harnıs, Handel. 303 
scheinen auf solche Lose. ($ 35 GO.) Für den Handel mit Dynamit ist ausserdem eine besondere 
Erlaubnis erforderlich. 
4. Der Wanderhandel. Ein spezieller Abschnitt der GO. (Titel III) beschäftigt 
sich mit dem „Gewerbebetrieb im Umherziehen,‘ zu dem auch der Wanderhandel (Hausierhandel, 
Wanderlager) gehört. Er ist weitgehenden Beschränkungen unterworfen. 
Diejenigen Personen, die ausserhalb des Gemeindebezirks ihres Wohnortes oder auch der durch besondere 
Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde dem Gemeindebezirke des Wohnortes gleichgestellten nächsten 
Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung und ohne vorgängige Bestellung Waren 
feilbieten, Warenbestellungen aufsuchen oder Waren bei andern Personen als bei Kaufleuten, oder an andern Orten 
als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen, bedürfen eines Wandergewerbescheins. 
Beschränkungen, vermöge deren gewisse Waren von dem Feilhalten im stehenden Gewerbebetriebe ganz oder teil- 
weise verboten sind, gelten auch für deren Feilbieten im Umherziehen (S. o.). Ausgeschlossen vom Ankauf oder 
Feilbieten im Umherziehen sind: gebrauchte Kleider, gebrauchte Wäsche, gebrauchte Betten und Bettstücke, ins- 
besondere Bettfedern, Menschenhaare, Garnabfälle, Enden von Dräumen von Seide, Wolle, Leinen oder 
Baumwolle, Gold und Silberwaren, Bruchgold und Bruchsilber sowie Taschenuhren, Spielkarten, Wertpapiere 
und Lose, explosive Stoffe, insbesondere Feuerwerkskörper, Schiesspulver und Dynamit, Petroleum, Spiritus, 
Stoss-, Hieb- und Schusswaffen, Gifte und gifthaltige Waren, Arznei- und Geheimmittel sowie Bruchbänder, 
Bäume aller Art, Sträucher, Schnitt-, Wurzelreben, Futtermittel und Sämereien, mit Ausnahine von Gemüse- und 
Blumensamen, Schmucksachen, Bijouterien, Brillen und optische Instrumente, Drucksachen und andere Schriften 
und Bildwerke, sofern sie in sittlicher oder religiöser Beziehung Ärgernis zu geben geeignet sind, oder mittels Zu- 
sicherung von Prämien oder Gewinnen vertrieben werden, oder in Lieferungen erscheinen, wenn nicht der Gesamt- 
preis auf jeder einzelnen Lieferung verzeichnet ist. — Ausgeschlossen vom Gewerbetrieb im Umberziehen sind 
ferner: Das Aufsuchen sowie die Vermittlung von Darlehnsgeschäften oder von Rückkaufsgeschäften ohne vor- 
herige Bestellung sowie das Aufsuchen von Bestellungen auf Wertpapiere und Lose; das Aufsuchen von Bestellungen 
auf Branntwein und Spiritus bei Personen, in deren Gewerbebetrieb dieselben keine Verwendung finden. 
Durch die Landesregierungen kann zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen der Handel mit Rindvieh, 
Schweinen, Schafen, Ziegen oder Geflügel im Umherziehen Beschränkungen unterworfen oder auf bestimmte 
Dauer untersagt werden. — Verboten ist ferner der Wanderhandel in Verbindung mit Ausspielung, sowie Ver- 
steigerung von Waren, sofern nicht von der zuständigen Behörde bei rasch verderbenden Waren Ausnahmen zu- 
gelassen sind. — Eine ganze Reihe von Bestimmungen bezieht sich auf den Wandergewerbeschein und dessen 
Ausstellung ($$ 56a — 63 der G.O.). Darauf näher einzugehen, würde hier zu weit führen. 
Ganz besondere Einschränkungen hat der Wanderlagerbotriob erfahren, der zwar in der 
Gewerbeordnung keine wesentliche Sonderstellung einnimmt, aber durch die Steuergesetzgebung gefasst wird. 
In den meisten Bundesstaaten wird von den Wandergewerbetreibenden eine besondere Steuer erhoben, wogegen 
sie in der Regel von der eigentlichen Gewerbesteuer befreit sind. In Preussen hat diese Steuer 48 Mark jährlich 
betragen, sie kann aber auf 6 Mark ermässigt und auf 144 Mark erhöht werden. Hierzu ist noch eine besondere 
Wanderlagersteuer gekommen, die ausserhalb der Markt- und Messzeit für jede angefangene Woche erhoben wird, 
30, 40 oder 50 Mark beträgt und den Kreisen oder Gemeinden zufällt. Ähnlich in vielen anderen Bundesstaaten. 
In Sachsen muss von Wanderlagern für jede Woche 60 Mark, für Wanderauktionen (s. 0.) sogar für jeden Tag 
60 Mark bezahlt werden. Diese Steuergesetzgebung hat fast völlig prohibitiv gewirkt. 
b. Der ambulante Gewerbebetrieb. Hierunter ist das Feilbieten von Haus 
zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Strassen, Plätzen etc. innerhalb des Gemeindebezirks des 
Wohnortes oder der gewerblichen Niederlassung durch den Inhaber der letzteren zu verstehen. 
Die Bestimmungen über die vom Wanderhandel ausgeschlossenen Waren gelten auch hier, mit Ausnahme 
von Bier und Wein in Fässern und Flaschen. Weitere Ausnahmen sind zulässig. ($$ 42ff. der GO.) Durch die 
höhere Verwaltungsbehörde oder durch Beschluss der Gemeindebehörde mit Genehmigung der höheren Ver- 
waltungsbehörde kann für einzelne Gemeinden bestimmt werden, dass Personen, welche in dem Gemeindebezirk 
einen Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung haben, und welche innerhalb des Gemeindebezirks auf öffent- 
lichen Wegen, Strassen oder Plätzen oder an andern öffentlichen Orten, oder ohne vorherige Bestellung von Haus 
zu Haus Waren feilbieten, Waren bei andern Personen als bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die 
Waren produzieren, oder an andern Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen, oder 
Warenbestellungen bei Personen, in deren Gewerbebetriebe Waren der angebotenen Art keine Verwendung finden, 
aufsuchen, der Erlaubnis bedürfen. Diese Bestimmung kann auf einzelne Teile des Gemeindebezirks sowie auf ge- 
wisse Gattungen von Waren und Leistungen beschränkt werden. Sog. Stadtreisende bedürfen demnach, wenn 
ein solcher Erlass vorliegt, der Erlaubnis. 
6. Der Handlungsreisende. ($$44 und 45 der GO.) Wer ein stehendes Gewerbe 
betreibt, ist befugt, auch ausserhalb des Gemeindebezirks seiner gewerblichen Niederlassung per-
	        
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