Bernhard Harms, Handel. 307
befürworten, soll sie eine Erdrosselungssteuer sein. Diesen Zweck hat sie bisher nicht erreicht, weshalb auf eine
weitere Erhöhung der Steuer gedrängt wird. —
12. Das Schmiergeld-Unwesen. Im Erwerbsleben hattesichd itverl teMissstand
herausgebildet, denjenigen Angestellten von Firmen, denen Einkäufe von fertigen Krreueniosen Roh-
stoffen oder Halbfabrikaten obliegen, Gratifikationen in irgend einer Form zu gewähren, um sie be-
stimmten Firmen zu verpflichten (Schmiergelder). Diesem Unwesenistd iberden unlauteren
Wettbewerb (s. o.) entgegengetreten ($ 12); die unklare Fassung wird freilich wenig ausrichten.
Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark oder mit einer dieser Strafen wird
bestraft, wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbs dem Angestellten oder Beauftragten eines
geschäftlichen Betriebes Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, um durch unlauteres
Verhalten des Angestellten oder Beauftragten bei dem Bezuge von Waren oder gewerblichen Leistungen eine
Bevorzugung für sich oder einen Dritten zu erlangen. Die gleiche Strafe trifft den Angestellten oder Beauftragten
eines geschäftlichen Betriebs, der im geschäftlichen Verkehre Geschenke oder andere Vorteile fordert, eich ver-
sprechen lässt oder annimmt, damit er durch unlauteres Verhalten einem anderen bei dem Bezuge von Waren oder
gewerblichen Leistungen im Wettbewerb eine Bevorzugung verschaffe.e Im Urteil ist zu erklären, dass
das Empfangene oder sein Wert dem Staate verfallen sei.
13. Die Abzahlungsgeschäfte. Mancherlei Missständen, die sich aus dem Be-
triebe der Abzahlungsgeschäfte ergeben hatten, ist das Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte
vom 16. Mai 1894 entgegengetreten. (RGBl.S. 450). Hat bei dem Verkauf einer dem Käufer über-
gebenen beweglichen Sache, deren Kaufpreis in Teilzahlungen berichtigt werden soll, der Verkäufer
sich das Recht vorbehalten, wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen von
dem Vertrage zurückzutreten, so isbi im Falle dieses Rücktritts jeder Teil verpflichtet, dem anderen
Teildie emp zuri il Eine entgegenstehende Vereinbarungist nichtig.
Der Käufer Aare im Falle des Rücktritts den Verkäufer für die infolge des Vertrages gemachten Auf-
wendungen, sowie für solche Beschädigungen der Sache Ersatz zu leisten, welche durch ein Verschulden des Käufers
oder durch einen sonstigen von ihm zu vertretenden Umstand verursacht sind. Für die Überlassung des Gebrauchs
oder der Benutzung ist deren Wert zu vergüten, wobei aber auf die inzwischen eingetretene Wertminderung der
Sache Rücksicht zu nehmen ist. Eine entgegenstehende Vereinbarung, insbesondere die einer höheren Vergütung
ist nichtig. — Eine wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Vertragsstrafe kann, wenn sie unverhältnis-
mässig hoch ist, auf Antrag des Käufers durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Die
Herabsetzung einer entrichteten Strafe ist ausgeschlossen. — Die Abrede, dass die Nichterfüllung der dem Käufer
obliegenden Verpflichtungen die Fälligkeit der Restschuld zur Folge haben solle, kann rechtsgiltig nur für den
Fall getroffen werden, dass der Verkäufer mit mindestens zwei aufeinander folgenden Raten ganz oder teilweise
im Verzug ist und der Betrag. mit dessen Bezahlung er im Verzug ist, mindestens dem zehnten Teile des Kaufpreises
der übergebenen Sache gleich kommt. — Diese Vorschriften finden auf Verträge, welche darauf abzielen, die
Zwecke eines Abzahlıngsgeschäfts in einer anderen Rechtsform, insbesondere durch mietweise Überlassung der
Sache zu erreichen, entsprechende Anwendung, gleichviel ob dem Empfänger der Sache ein Recht, später daran
Eigentum zu’erwerben, eingeräumt ist oder nicht. — Lotterielose oder Inhaberpapiere mit Prämien gegen Teil-
zahlung zu verkaufen, ist verboten.
14. Der börsenmässige Handel. Ein erheblicher Teil des Handels in Produkten
vollzieht sich an der Börse (Produktenbörse), wie der Handel in Wertpapieren nominell immer durch
börsenmässigen An- oder Verkauf vor sich geht. Auf diese Börsengeschäfte bezieht sich eine ganze
Reihe von gesetzlichen Vorschriften, die das „freie SpielderKräfte“ (vorallem die Spekulation) erheb-
lich beschränken; ihre Entstehung und Anwendung hat im Reichstage wie im politischen Leben oft zu
stürmischen Auseinandersetzungen geführt. (Vgl. hierüber den 55. Abschnitt: Banken und Börse.)
15. Sozialpolitische Vorschriften. Eine ganze Reihe von Massnahmen
bezieht sich auf die im Handelsgewerbe angestellten Personen, deren Beschäftigung ziemlich weit-
gehenden Beschränkungen unterworfen ist. Soweit diese Vorschriften nicht Ausfluss der allge-
meinen, auch für andere Betriebe geltenden Arbeiterschutz- und Versicherungspolitik sind, werden
sie unten in anderem Zusammenhang erörtert. An dieser Stelle mögen noch einige Mitteilungen
über die Sonntagsruhe und den Ladenschluss an Wochentagen folgen, zwei Institutionen, die in
ihrer Wirkung ja weit über die im Handelsgewerbe angestellten Personen hinausgehen.
16. Sonntagsruhe und Ladenschluss an Wochentagen. Die Frago
einer weitestgehenden gesetzlichen Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist in Deutschland lange