Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

3930 Martin Weigert, Die Privatbeamtenfrage. 
Fiktion fallen zu lassen und dem Einzelkaufmann direkt zu gestatten, durch eine öffentliche 
Kundgebung für sich beschränkte Haftung zu erzielen. 
Im übrigen sucht das Gesetz die Schaffung von allzu kleinen Unternehmungen .durch 
das Erfordernis, dass das Stammkapital der G. m. b. H. mindestens 20000 Mark betragen 
müsse, zu verhüten. Auch stellt es für die Übertragung der Anteile das Erfordernis ge- 
riehtlicher oder notarieller Form auf und scheidet damit die Anteile von der Börse aus. 
Der Erfolg der neuen Form war ein beispielloser. Viele Tausende von G. m. b. II. 
sind in den 18 Jahren seit Erlass des Gesetzes ins Leben getreten, manche von ihnen 
freilich bald verkracht. Denn die Lage der Gläubiger ist hier bei Weitem nicht so günstig, 
als bei der Aktiengesellschaft. Aber auch das Risiko der Mitglieder ist deshalb grösser, 
als es den Anschein hat, weil jedes Mitglied für die Beiträge der anderen Mitglieder 
eventucll aufzukommen hat, soweit eine bare Stammeinlage von einem Mitglied nicht er- 
zwungen werden kann, die übrigen Mitglieder den Fehlbetrag nach Verhältnis ihrer Ge- 
sehäftsanteile aufzubringen haben, eine wenig bekannte Bestimmung, deren Anwendung sich 
bei Manchem fühlbar gemacht hat. — 
Ausserhalb des Rechts der Handelsgesellschaften stehen die eingetragenen Genossen- 
schaften und die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, weshalb auf sie hier nieht ein- 
gegangen wird. 
55. Abschnitt. 
Die Privatbeamtenfrage. 
Von 
Dr, Martin Weigert, 
vorm Volkswirtschaftlichen Sekretariat. der Aeltesten der Kaufmannschaft, Berlin, 
Inhalt: 
1. Yolkswirtschaftliche Ursachen für die Horausbildung einer grossen Privatbeamtenklasse. — 
2, Begriffsmerkmale für das Privatbeamtentum ; Unterschiede zwischen Privatbeamten- und Arbeiter- 
schaft. -- 3. Uebersicht ilber die verschiedenen Berufsgruppen der Privatbeamten. — 4. Allgemeines 
über die wirtschaftliche Lage: Einkommensverhältnisse, Arbeitsbedingungen, rechtliche Stellung. — 
>. Dio Privatbennmtenbowegung und ihre Ursachen. -- 6. Die Berufsvoroine als Trüger dieser Be- 
wegung. — 7. Erstrebto Reform dos Rechts über den Dienstvertrag. — S. Reform der sozlalpolitischen 
Schutzgesetze. — 9, Reform einiger öffentlich-rechtlicher Bestimmungen. — 10. Die Taktik dor Berufs- 
verelne In der Privatbenmntonbeweogung und ihro Erfolge. — 11. Das geschlossene Vorgehen der Privat- 
beamten in der Frage der Ponsionsversichorung. — 12. Das Zlel olner einheitlichen Reichs-Privat- 
beamtonpolltik und olnes olnheitlichen Angostolltenrechts. 
Literstur: 
‚Adler, Puul: Die Iage der Handlungsgehilfen gemäss den Erhebungen der Kommission für Arbeiter- 
statistik. Stuttgart 1905. — Behrendt, M.: „Enquöte über die weiblichen Handlungsangestellten in Magdeburg“. 
Magdeburg 1906. — van der Borght, R.: „Das Recht des Handlungsgehilfen.“ Berlin 1909. — Elster, A.: ‚Privat- 
beamte“ i. Wörterbuch der Volkswirtschaft, Bd. II, S. 667. Jena 1407. — Kulemann, W.: „Die Berufsvereine in 
Deutschland.“ — H. E. Krüger: „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Privatangestellten“ (Schriften der 
(ses. für soziale Reform, Heft 31—39). — Lange, Paul: „Handlungsgehilfenbewegung und Sozialpolitik.“ Hamburg 
1908. — Obst, Georg: „Das Buch des Kaufmanns.“ Leipzig 1905. — Oldenberg, Karl: „Statistik der sozialen 
Lage der Hundlungsgehilfen“ i. Schmoller’s Jahrbuch f. Ges., Verwaltung u. Volksw.“ . 17. — Schriften der 
Gesellschaft für Soziale Reform, Heft 26 u. 27: „Der Dienstvertrag der Privat- Angestellten“. — Weigert, Martin
	        
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