328 Fritz Stier-Somlo, Die Angestelltenversicherung.
und ihrer Arbeitgeber. Diese Vertreter werden von den Vertrauensmännern gewählt und zwar
nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Zu den Aufgaben der Rentenausschüsse gehört die
Feststellung und unter Umständen auch die Entziehung der Versicherungsleistungen. Sie sind
bei der Beschlussfassung hierüber nicht an die Weisungen der Versicherungsanstalt gebunden.
Diese letztere errichtet die Rentenausschüsse nach Bedarf mit Genehmigung des Bundesrats,
während den Vorsitzenden der Reichskanzler ernennt. Den Rentenausschüssen werden Beisitzer
beigegeben, die je zur Hälfte aus den Versicherten und aus ihren Arbeitgebern entnommen werden;
sie sind in den vom Gesetz geregelten wichtigeren Fällen zur Beschlussfassung hinzuzuziehen. Ihre
Zahl beträgt mindestens 20, die ebenfalls von den Vertrauensmännern gewählt werden. Zu den
Aufgaben dieser letzteren gehört ausser der Wahl der Beisitzer für die Rentenausschüsse und für den
Verwaltungsrat auch die für die Schiedsgerichte und das Oberschiedsgericht. Der Rentenausschuss
kann ihnen bestimmte Obliegenheiten übertragen. Sie sollen auch ohne Auftrag alle ihnen bekannt
gewordenen Tatsachen mitteilen, die nach ihrer Ansicht für den Rentenausschuss oder die Reichs-
versicherungsanstalt wichtigsind. Ihre Zahl beträgt für den Bezirk einer jeden unteren Verwaltungs-
behörde mindestens 6, die nach dem Verhältniswahlsystem direkt von den Versicherten und ihren
Arbeitgebern gewählt werden und zwar je zur Hälfte aus den Versicherten und den Arbeitgebern.
Die Vertrauensmänner, die Versicherungsvertreter bei den Rentenausschüssen, die Mitglieder des
Verwaltungsrats und die nichtbeamteten Mitglieder des Direktoriums verwalten ihr Amt unent-
geltlich als Ehrenamt. Für Auslagen, Zeitverlust, entgangenen Arbeitsverdienst erhalten sie Ent-
schädigung nach näherer Vorschrift des Gesetzes. Das Gleiche gilt von den Beisitzern der Schieds-
gerichte und des Oberschiedsgerichts. Rechtsprechende Behörden in höh:rer Instanz sind die
Schiedsgerichte und das Oberschiedsgericht mit dem Sitz in Berlin. Die Entscheidungen des Ober-
schiedsgerichts sind endgültig. Ein durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenes Verfahren kann
beim Vorliegen von Gründen wieder aufgehoben werden, die den entsprechenden Bestimmungen der
Zivilprozessordnung nachgebildet sind. Die Kosten des Verfahrens in Sachen der Angestellten-
versicherung trägt regelmässig die Reichsversicherungsanstalt, nur wenn ein Beteiligter durch
Mutwillen, Verschleppung oder Irreführung Kosten veranlasst, können diese ihm ganz oder teil-
weise auferlegt werden. Zur Rechtshilfe sind alle öffentlichen Behörden verpflichtet. Die Vor-
schriften über die Fristen entsprechen im allgemeinen denen der Zivilprozessordnung bezw. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs, jedoch mit den durch den Zweck gebotenen Vereinfachungen. Zustel-
lungen, die eine Frist in Lauf setzen, können durch eingeschriebenen Brief geschehen. Gebühren-
und stempelfrei sind, soweit nicht im Versicherungsgesetz für Angestellte selbst anders vorge-
schrieben, alle Verhandlungen und Urkunden, die bei den nach diesem Gesetze für die Feststellung
der Leistungen zuständigen Behörden erforderlich werden, um die Rechtsverbältnisse zwischen
der Reichsversicherungsanstalt einerseits und den Arbeitgebern oder Versicherten oder ihren Hinter-
bliebenen andererseits zu begründen oder abzuwickeln. Das Gleiche gilt für die aussergerichtlichen
Verhandlungen und Urkunden dieser Art, sowie für solche privatschriftlichen Vollmachten und
amtlichen Bescheinigungen, welche nach diesem Gesetze zum Ausweis und zu Nachweisungen er-
forderlich werden. Die gesetzmässige Durchführung der Vorschriften des Gesetzes wird durch eine
Reihe von Strafbestimmungen gesichert.
7. Es sind neben und anstelle der gesetzlichen. A Ilt herung folgende Einrich-
tungen zugelassen: 1. Zuschusskassen, 2. Ersatzkassen, 3, öffentich-rechtlice Pensionseinrich-
tungen, 4. Versicherungsverträge mit Leben Auf diese kann
hier nur verwiesen werden.
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8. Im Rahmen dieser die äussersten Grundzüge der rechtlichen Ordnung wiedergebenden
nüchternen Darstellung ist es nicht möglich, auf die zahllosen Schwierigkeiten in der praktischen
Ausführung, auf die Bedenken und Unstimmigkeiten, welche zum Teil mit der allzuschnellen Er-
ledigung des Gesetzes im Reichstage zusammenhängen, einzugehen. Essei nurdaraufverwiesen, dass
die RVO. mit zahlreichen Besti zum Musteı deUeber-
einstimmung erzielt ist. Die Schw ‚ierigkeiten, welche sich auf die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes
vorhandenen privaten Pensionseinrichtungen bezogen, hat das Gesetz zu überwinden nicht ver-