Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

336 James Breit, Notenbanken. 
  
faulnach dem Kontingent richtet, folgt die Kontingentierung dem tatsächlichen Notenumlauf! 
Nach alledem wird man die Hoffnung aussprechen dürfen, dass das Reich bei der nächsten Erneu- 
erung des Privilegs die Reichsbank von den Fesseln der indirekten Kontingentierung befreit und 
ihrdamitdieMöglichkeitgewährt, ihre Diskontpolitil bliesslich nach der Lage des Geldmarktes 
einzurichten und nicht daneben Rücksichten auf die Notensteuer einen massgeblichen Einfluss zu 
gestatten. 
i Für dieBeibehaltung der indirekten Kontingentierung haben sich vor allem Lexis, 
Bank-Archiv 6,310, Heymann, Reichsbank und Geldverkebr 16, Raudnitz, Bank-Archiv 
6,311, und Feiler, Die Probleme der Bank-Enquete 18, ferner der dritte deutsche Bankiertag 
und die meisten Mitglieder der Bankenquetekommission — vor allem Riesser undSchinkel 
— ausgesprochen. Dagegen fordern die Beseitigung u. a. Jacoby, Die deutsche Zettelbank- 
reform imJahre 1891, 65, Helfferich, Finanzarchiv 13,520, Kaemmerer, Reichsbank 
und Geldumlauf 25, Landmann, Bank-Archiv 8,165, Bendixen, Bank-Archiv 9,67, ferner 
auch Wagner, Bank-Enquete-Verh. 1,47. 
) Weitergehende Spezialisierung der Wochenausweise. 
Für die Spezialisierung der einzelnen Posten der Wochenausweise ist die Verordnung be- 
treffend die Vorschriften über die von den Notenbanken in der Jahresbilanz gesondert nachzu- 
weisenden Aktiva und Passiva vom 15. Januar 1877 massgebend. Die dort vorgeschriebene Speziali 
sierung genügt aber den heutigen Anforderungen an die Publizität des Zentralbankbetriebes keines- 
falls mehr. Seit dem Jahre 1909 gibt nun zwar dieReichsbank in ihren Wochenübersichten freiwillig 
ihren jeweiligen Geldbestand bekannt, und damit ist wenigstens ein „oft und viel beklagter Übel- 
stand“ gehoben (vergl. Helfferich, Bank-Archiv 6,66). Nach wie vor scheidet aber die Reichs- 
bank auf der Passiva-Seite die „sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten“ 
nicht in die Regierungsdepositen und Privatdepositen. Eine solche Scheidung muss im Interesse 
der Publizität des Reichsbankbetriebes gefordert werden. Die Gründe, aus denen die Reichsbank- 
leitung bisher sich dieser billigen, besonders aus kaufmännischen Kreisen wiederholt geforderten, 
Trennung widersetzt, sind nicht überzeugend. 
5) Erhöhung des Grundkapitals. 
Das Grundkapital der Reichsbank bestand ursprünglich aus 120 Millionen Mark (40 000 
Anteile von je 3000 Mark). Durch die Novelle vom 7. Juni 1899 wurde es auf 180 Millionen Mark 
erhöht. Es ist verständlich, dass in Zeiten besonderer Geldknappheit die damit verbundene Höhe 
desDiskontsauch u.a.aufdasangeblich ügendeGrundkapitalder Zentralbank zurückgeführt 
wurde. Zur Unterstützung wurde hierbei insbesondere auf die Tatsache hingewiesen, dass die 
grossen Berliner Kreditbanken heute ein höheres Grundkapital aufweisen als die Zentralbank. Nun 
hat sich ja gewiss das Kapitalverhältnis der Reicksbank gegenüber den Kreditbanken im Laufe 
der Jahrzehnte ganz erheblich zu Ungunsten der Reichsbank verschlechtert. Insbesondere wurde 
inderReichstagssitzung vom 17. Februar 1909 darauf hingewiesen, dassdasKapitalund die Reserven 
der Reichsbank im Jahre 1875 150 Millionen Mark, im Jahre 1907 200 Millionen Mark betragen 
hätten, während Kapital und Reserven der Berliner Grossbanken in derselben Zeit von 250 Milli- 
onen Mark auf 2500 Millionen Mark gewachsen seien. Es ist sogar die Auffassung ausgesprochen 
worden, dass die Reichsbank eben als Reichsbank „um ihres Ansehens willen“ das grösste Grund- 
kapital unter sämtlichen deutschen Banken aufweisen müsse (vergl. Raab, Bank-Enquete-Verh. 
1,27). Mit Recht wird hiergegen eingewendet, dass das Grundkapital einer Notenbank für ihre Dis- 
kontpolitik ohne Einfluss ist, dass es nur eine Art Garantiefonds für die Gläubiger darstellt, dass 
das Betriebskapital dagegen durch die umlaufenden Noten und die Girogelder gebildet 
wird. Zur Erhöhung ihres Ansehens bedarf die Reichsbank eines höheren Kapitals, alssiezur Durch- 
führung einer sozialen Aufgaben benötigt, gewiss nicht. Erachtet die Leitung der Reichsbank eine 
Erhöhung des Grundkapitals zum Zwecke der Durchführung dieser Aufgaben der Reichsbank für 
geboten, so ist selbstverständlich der Zeitpunkt für eine weitere Erhöhung gekommen.
	        
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