Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

344 Riesser, Die Banken-Konzentration in Deutschland, ihre Vorteile u. Gefahren. 
  
beamten sich fast durchweg über den Durchschnittsbetrag der Gehälter der übrigen deutschen 
Privatangestellten erhebt. 
Entlassungen von Angestellten im Falle schlechter Konjunkturen oder Krisen sind 
mit dem Wachstum der Grösse der Bankkapitalien immer seltener geworden und ich habe, in 
Übereinstimmung mit den von mir befragten Vertretungen der Bankbeamten, auch feststellen 
können, dass, entgegen manchen Befürchtungen, Entlassungen von Bankbeamten infolge der 
zahlreichen Banken-Fusionen oder Aufnahmen von Privatbankgeschäften in keinem irgend nennens- 
werten Umfange eingetreten sind. 
Auch die soziale Fürsorge, sei es im Wege der Ausdehnung der Sonntagsruhe, 
des Sonnabendfrühschlusses undeiner besseren Regelung der Urlaubszeiten, 
sei es durch eine Sicherung der Zukunft der Angestellten und ihrer Hinterbliebenen, 
ist, in Übereinstimmung mit dem Programm, welches ich als Vorsitzender des I. Deutschen Bankier- 
tages in Frankfurt a. M. im September 1902 entwickelte, im Verlaufe der Konzentrationsent- 
wicklung erheblich gefördert worden. Schon im Jahre 1903, zu einer Zeit also, wo die Reichs- 
regierung noch keine derartige Pläne für die Privatangestellten verfolgte, hat der Centralverband 
des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes die umfangreichen und überaus mühevollen und lang- 
wierigen Vorarbeiten begonnen, um feste Grundlagen für eine Pensions- und Relikten- 
versorgung der Bankbeamten durch private statistische Erhebungen zu gewinnen. Auf 
Grund dieser Arbeiten ist 1909 der „Beamtenversicherungsverein des Deut- 
schen Bank- und Bankiergewerbes (a. G.)“ begründet worden, in dessen ehren- 
amtlichem Aufsichtsrat, dem ich vorsitze, Chefs und Angestellte zusammen sitzen, und der den im 
Verein befindlichen Beamten im Falle der Dienstunfähigkeit eine Pension und im Falle ihres Todes 
den Witwen und Kindern angemessene Witwengelder und Waisenrenten sichert. 
Dieser Verein ist nach dem Inkrafttreten des (Reichs-)Versicherungsgesetzes für Angestellte vom 
23. Dezember 1911 vom Bundesrat als Ersatzkasse anerkannt worden. 
Was die Leiter der Banken betrifft, so wird es mit dem Fortschreiten der Konzen- 
trationsentwicklung, also mit der Grösse der zu leitenden Banken und Bankgruppen immer schwerer 
werden, solche Männer zu finden, welche mit den nötigen banktechnischen und wirtschaftlichen 
Kenntnissen und Erfahrungen die Stärke eines besonnenen Charakters verbinden, der den vielen 
Versuchen, die ihm auf diesem Gebiete entgegentreten, zu widerstehen vermag, und die zugleich 
weiten Blick, Iniative und organisatorische Tüchtigkeit besitzen. Gerade die letzteren Eigenschaften 
aber sind es besonders, welchen Deutschlands Privatbetriebe in Industrie und Handel bisher soviel 
zu verdanken hatten und die sich nur in Privatbetrieben voll und frei entwickeln können, da in 
Staatsbetrieben immer sowohl der Initiative, wie dem in kaufmännischen Dingen unerläss- 
lichen Wagemut der Leitung starke Hindernisse entgegenstehen. 
Bei der gewaltigen Rolle, welche unser Bankwesen in unserem gesamten wirtschaftlichen 
Leben spielt, dessen Kräfte, Bewegungen und Ziele sich in der Entwicklung des Bankwesens getreu 
wiederspicgeln, spielt die Frage eine grosse Rolle, ob an der Spitze stets unseres Bankwesens führende 
Männer stehen werden, welche mit den geschilderten Eigenschaften auch ein volles Verständnis 
verbinden für die ihnen ganz besonders obliegenden sozialen Pflichten und für die Notwendigkeit, 
von der zu ihrer Verfügung stehenden Macht nur einen massvollen und dem Gemeinwohl zuträg- 
lichen Gebrauch zu machen, Wenn es auch sicherlich, mindestens bei der heutigen Grösse unserer 
industriellen und kaufmännischen Unternehmungen, übertrieben ist, von den Banken als den 
„Leitern des wirtschaftlichen Unternehmungsgeistes‘ zu sprechen, so lässt es sich doch nicht ver- 
kennen, dass sie sowohl wie ihre Leiter, namentlich auf dem Gebiete der Kredit- Gewährung, 
auf dem bisher häufig Fehler gemacht worden sind, aber auch in vielen anderen Beziehungen, einen 
starken Einfluss auf weite Gebiete unseres wirtschaftlichen Lebens ausüben. Ein bei ihren Leitern 
etwa vorhandener Mangel an Einsicht in die hier zu ziehenden Grenzen, oder Grossmannssucht 
und Mangel an Selbstbeschränkung wird also mit Notwendigkeit nicht nur, wie wir leider nicht 
allzu selten erlebten, zum Zusammenbruch der so geleiteten Bank selbst, sondern auch zu schweren 
Schädigungen unseres gesamten wirtschaftlichen Lebens führen können und müssen.
	        
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