Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

Michael Meyer, Der Deutsche Bauernbund. 61 
der B. d. L. die wirtschaftliche Gesetzgebung durch seine Veröffentlichungen und durch Einwirkung 
auf die Wahlen zu beeinflussen. Unter voller Wahrung seiner Selbständigkeit ist er bereit, alle 
politischen Parteien zu unterstützen, welche für seine Forderungen eintreten. 
Naturgemäss hat der B. d. L. durch diese seine Stellungnahme sich die erbitterte Gegner- 
schaft derjenigen wirtschaftlichen und politischen Parteien zugezogen, deren Bestrebungen er durch- 
kreuzt. Der Kampf zwischen ihm und jenen ist ein Kampf zwischen zwei grundverschiedenen Welt- 
anschauungen, zwischen denen eine Versöhnung unmöglich ist. Sozialdemokratie und freihänd- 
lerischer Gross-Kapitalismus sehen deshalb in der Tätigkeit des B. d. L. mit vollem Recht das 
Hemnis für die von ihnen erstrebte Entwicklung. 
Ebenso wie auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet sucht der B. d. L. auch auf konfes- 
sionellem Gebiet versöhnend und ausgleichend zu wirken, indem er überall diejenigen Momente 
hervorhebt, welche die Gegensätze auszugleichen geeignet sind. 
er B. d. L. ist bestrebt, seine Unabhängigkeit nach jeder Richtung zu bewahren ohne Rück- 
sicht auf Gunst oder Gegnerschaft. Politisches Strebertum und persönliche Eitelkeit finden bei 
ihm keine Unterstützung. Bei seiner Gründung wurde ihm ein Wahlspruch mitgegeben, welcher 
seine Richtschnur bisher ' war und stets bleiben wird: „Treu unserm Gott, treu unserm Kaiser, treu 
uns selbst.“ 
b) Der Deutsche Bauernbund. 
Von 
Michael Meyer, 
Redakteur des „Deutschen Bauernbundes“, 
Literatur: 
Stenographischer Bericht über die erste Bundesversammlung des Deutschen Bauernbundes in Gnesen 
am 6. Juli 1909. — K. Böhme, Deutsche Bauernpolitik, eine Auseinandersetzung mit dem Bund der Landwirte, 
Würzburg 1911. — Dersel be, Finanzreform und Bauernstand, Berlin und Leipzig 1909. — Derselbe, 
30 Jahre deutscher Schutzzollpolitik, Heidelberg 1909. — De selbe, Die Agrarkonservativen und die innere 
Kolonisation, Berlin 1913. — Stenographischer Bericht über die Generalversammlung des Deutschen Bauernbundes 
io Osnabrück 1912. — Jahrbuch des Deutschen Bauernbundes 1913. 
Der Deutsche Bauernbund ist eine wirtschaftspolitische Organisation, welche alle auf dem 
Boden des Schutzes der nationalen Arbeit stehenden und freiheitlich gesinnten Landwirte, Bauern 
und Bauernfreunde, Landarbeiter und kleine Gewerbetreibende in allen deutschen Gauen ver- 
einigen will. 
Bereits am 17. März 1909 war in einer Ansiedlerversammlung in Gnesen die Schaffung eines 
Ansiedlerbundes beschlossen worden, und daraufhin einigten sich die Führer dieser An- 
siedlerbewegung mit westdeutschen Landwirten zur Gründung eines allgemeinen „Deutschen 
Bauernbundes‘. Dieser konstituierte sich am 30. Juni 1909 und schon am 6. Juli desselben Jahres 
konnte in Gnesen die erste grosse Bundesversammlung stattfinden. 
Bisher kam als einzige landwirtschaftlich-politische Organisation — wenn man von den 
konfessionellen katholischen Bauernvereinen absah — nur der Bund der Landwirte in Betracht. 
Mit der Zeit hatte man aber mehr und mehr dessen Politik als eine einseitige, engherzige Partei- 
politik zugunsten der Konservativen und als eine Klessenpolitik zugunsten des Grossgrundbesitzes 
erkannt. Im Osten war es die Restgüterfrage, welche weiten Kreisen der Bauernschaft den Anlass 
zum Protest gegen die Führung des Bundes der Landwirte gab; zumal, als am 27. Februar 1909 
letztere in einer Audienz beim Reichskanzler eine Resolution überreichte, in der kreistagsfähige 
Restgüter von 1000 bis 1500 Morgen gefordert wurden. Es wurde darin betont, dass es sich hier um
	        
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