80 F. W. R. Zimmermann, Gerechtigkeit in der Steuerverteilung.
Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bilden, so ist ihre unmittelbare Einwirkung auf diese
Gerechtigkeit doch nur von untergeordneter Art. In der Hauptsache stehen sie unserer Frage etwa
in der gleichen Weise gegenüber, wie nach den obigen Ausführungen die Gesetzmässigkeit in
der Besteuerung den obersten Steuerprinzipien in ihrer Gesamtheit. Unter Umständen kann
jedoch eine unmittelbare Berührung bis zu einem gewissen Grade gegeben sein. Durch eine
de . Finanzbedarf nicht entsprechende Besteuerung wird sogleich oder in der Folge vermöge eines
ungenügenden Ausbaues des Steuersystems oder einzelner Steuerarten die Gerechtigkeit in
der Steuerverteilung in Mitleidenschaft gezogen werden können, wie ebenso die gleiche Möglichkeit
vorliegt, wenn wegen der Unbeweglichkeit in der Besteuerung diese den Verschiebungen in den
allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu folgen nichtinder Lage ist. Auchdurch Mängel bezüglich
der Bestimmtheit oder der Bequemlichkeit in der Besteuerung wieebenfallsdurch zuhohe Erhebung
kosten werden möglicherweise die einzelnen Klassen der Steuerträger in einem verschiedenen Grade
getroffen, wodurch gleicherzeit die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung beeinflusst werden würde.
Es sind dieses jedoch immerhin nur Einwirkungen untergeordneter Art; man wird deshalb die
unmittelbare Bedeutung der finanzpolitischen und der Steuerverwaltungsprinzipien für die
Gerechtigkeit in der Steuerverteilung nur als eine geringfügigere anzusehen haben, welche
keinesfalls mit der der beiden anderen Prinzipiengruppen in Vergleich gestellt werden kann.
Die volkswirtschaftlichen und die Gerechtigkeits-Prinzipien
stehen für unsere Frage wiederum in einem engen Zusammenhang zu einander und zwar der Haupt-
sache nach in dem Verhältnis, dass die volkswirtschaftlichen Prinzipien die breitere Grundlage
abgeben, auf der allein erst vermöge der Prinzipien der Gerechtigkeit die Gerechtigkeit in der
Steuerverteilung aufzubauen ist,
Die Beobachtung der volkswirtschaftlichen Prinzipien stellt sich als
die notwendige, unter allen Umständen zu erfüllende Vorbedingung für eine Durchführung der
Gerechtigkeit in der Steuerverteilung dar, obwohl diese Durchführung selbst sich eigentlich noch
nicht in den volkswirtschaftlichen, sondern erst in den Gerechtigkeitsprinzipien vollzieht. Die
volkswirtschaftlichen Prinzipien geben nach unseren obigen Ausführungen die richtige Steuer-
quelle und den richtigen Steuerträger — durch Auswahl der Steuerarten nach ihrer Wirkung unter
Berücksichtigung der Steuerüberwälzung — an; ohne beides ist an eine Gerechtigkeit in der
Steuerverteilung nicht zu denken. Die Steuerquelle muss nach Massgabe der jeweiligen Verhält-
nisse in Volks- und Privatwirtschaft unter zutreffender Abmessung sachgemäss festgelegt sein;
ebenso muss der Steuerträger, welchen die Steuerbelastung nach den wirtschaftlichen und recht-
lichen Grundlagen des Staats zu treffen hat, in zweckentsprechender Weise bestimmt sein. In
beiden Beziehungen ist den volkswirtschaftlichen Prinzipien in vollstem Masse Rechnung zu tragen.
Erst wenn Steuerquelle und Steuerträger nach dem tatsächlichen Verhältnis auf die wirkliche wirt-
schaftliche Grundlage des Staats gestellt sind, wie solches durch die Beobachtung der volkswirt-
schaftlichen Prinzipien geschieht, kann eine Gerechtigkeit in der Steuerverteilung zur Geltung
gebracht werden Dementsprechend bilden für letztere die obersten Steuerprinzipien der Volkswirt-
schaft stets eine notwendige und unabweisbare Voraussetzung und sind als solche zu bewerten.
Die Prinzipien der Gerechtigkeit sind, wie schon in der Bezeichnung selbst
zum Ausdruck kommt, diejenigen, in welchen die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung sich
nach ihrem spezifischen Gehalt und ihrer inneren Eigenart ausprägt und in vollständiger Weise
verwirklicht. In ihnen kann die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung überhaupt erst zu einer sach-
gemässen uneingeengten Durchführung gebracht werden; ohne sie würde eine solche überhaupt
nicht denkbar sein; sie bilden die festen Grundpfeiler für dieselbe. Ihre Beobachtung ist daher
in Hinsicht auf die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung unbedingt als das Wesentlichste anzusehen.
Dabei ist aber nicht auf die erste Grundgestaltung, sozusagen auf den Wortlaut jener beiden obersten
Steuerprinzipien, sondern auf ihren inneren Gehalt, wie er sich in seinen Einzelheiten unter den
derzeitigen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen herausgearbeitet hat, Gewicht
zu legen; er ist zu berücksichtigen. so wie wir ihn oben zur Darstellung gebracht haben. Dement-
sprechend ist als der Hauptgrundsatz für die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung, in welchem
gewissermassen beide Prinzipien ihrem eigentlichen Gehalt nach zum Ausdruck kommen, der Satz