Adolf Günther, Arbeiter-, Angestellten- und Arbeitgeber-Organisationen. 7
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geschlossen ist) festzustellen. Ein neurees Örganisationsgebilde, der Bund der Fest-
besoldeten, hat die Einigungsbestrebungen wesentlich gefördert, ohne dass man seine Ent-
wicklung genau voraussehen könnte.
C. Arbeitgeber.
Die Organisation der Arbeitgeber hatte von vornherein mit der ungeheuren
Schwierigkeit zu rechnen, die sich aus dem Konkurrenzverhältnis der Betriebe ergab. Wenn doch
heute in den meisten Branchen grosse und leistungsfähige Verbände geschaffen sind, so war vorzugs-
weise der Druck, den die Gewerkschaften auf den einzelnen ausübten, Veranlassung. Sıcherlich
ist die Zusammenfassung des deutschen Unternehmertums auch über die engeren sozialpolıtischen
Aufgaben hinaus in allgemein wirtschaftspolitischer Richtung von gutem Erfolge begleitet gewesen.
Daneben hat sie es erst ermöglicht, in Tarifverträgen nicht nur die Arbeitsbedingungen ganzer
Gewerbe einheitlich zu regeln, sondern auch eine schwere Gefahr für dıe solide Unternehmung, die
Schmutzkonkurrenz, erheblich zurückzudämmen. Das Tarifverhältnis ıst häufig genug zu einer
Neuordnung des ganzen Gewerbezweiges, zu einer Verfassung gewissermassen, die alle wirtschaft-
lichen Fragen einschliesst, geworden.
Eine statistische Übersicht, nach Berufsgruppen gegliedert, ergibt für Anfang 1913 folgendes:
Berufsgruppe Zahl der Mitglieder Zahl der von diesen
beschäftigten Arbeiter
1. Landwirtschaft usw. ca. 15 000 ca. 100 000
2. Bergbau, Hüttenwesen usw. 256 496 691
3. Steme und Faden 3 999 210 360
4. Metall, Maschinen 14 783 838 683
5. Chemische Industrie 66 20 260
6. Textilindustrie 2 780 494 329
7. Papierindustrie 1155 57 987
8. Ledergewerbe 3213 21 094
9. Holz- und Schnittstoffe 8 596 86 262
10. Nahrungs- und Genussmittel 13 903 194 076
11. Bekleidung 10 415 192 784
12. Reinigung 1 345 23 510
13. Baugewerbe 90 784 966 848
14. Polygraphische Gewerbe 5 223 74 004
15. Handel und Verkehr 6 789 147 781
16. Gast- und Schankwirtschaft 1 081 8 070
17. Freie Berufe u | 541 Eu 25 000
Anfang 1913: ca. 140 000 ca. 3 550 000
Hierzu gemischte Verbände 15 745 1 129 030
Delbstverständlich bergen diese bedeutenden Ziffern eine bunte Mannigfaltigkeit von Organı-
sationsformen, von sozialpolitischen Anschauungen, von Machtverhältnissen. Ein annähernder
Gradmesser wenigstens für die soziale Grundstimmung dürfte die Stellungnahme zu der Tarifver-
tragsbewegung sein, der die mehr handwerksmässigen Betriebe (notgedrungen) freundlicher gegenüber-
stehen als die kapitalstarken, Grossbetriebe, insbesondere unserer schweren Industrie; hier sorgen
die sogenannten ‚,Wohlfahrtseinrichtungen“ schon ohnehin für eine gewisse Stabilität der Arbeiter-
verhältnisse, grosse Lohnkämpfe können weniger leicht durchgeführt werden, dagegen werden
noch gelegentlich patriarchalische Zustände gepflegt.
Die Politik der Arbeitgeberverbände schliesst sich in vielen Stücken sinngemäss jener
der Gewerkschaften an; ein Hauptstreben geht auf Schaffung von Arbeitsnachweisen. Dem
Streik stehtde Aussperrung (s.u.) gegenüber, ausserdem sucht man insbesondere den kapital-
schwächeren Mitgliedern Rückhalt in der Streikversicherung zu geben.