Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

Besondere Arten des Verfahrens. 105 
Bei der Urteilsfällung ist das Gericht an den Ausspruch der Polizei— 
behörde nicht gebunden. 
8 458. Stellt sich nach dem Ergebnisse der Hauptverhandlung die Tat 
des Angeklagten als eine solche dar, bei welcher die Polizeibehörde zum Erlaß 
einer Strafverfügung nicht befugt war, so hat das Gericht die letztere durch 
Urteil aufzuheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. 
Selbst wenn die Zuständigkeit des Schöffengerichts begründet sein sollte. 
3. Abschnitt. 
Verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften 
über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefülle. 
Verfahren der Verwaltungsbehörden. 
§ 459. Strafbescheide der Verwaltungsbehörden wegen Zuwiderhand- 
lungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und 
Gefälle dürfen nur Geldstrafen sowie eine etwa verwirkte Einziehung festsetzen. 
Der Strafbescheid muß außerdem die strafbare Handlung, das angewendete 
Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch die Eröffnung enthalten, 
daß der Beschuldigte, sofern er nicht eine nach den Gesetzen zugelassene Be- 
schwerde an die höhere Verwaltungsbehörde ergreife, gegen den Strafbescheid 
binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei der Verwaltungsbehörde, 
welche denselben erlassen, oder bei derjenigen, welche ihn bekannt gemacht hat, 
auf gerichtliche Entscheidung antragen könne. 
Der Strafbescheid wirkt in betreff der Unterbrechung der Verjährung wie 
eine richterliche Handlung. 
Freiheitsstrafen auch nicht für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe. 
Vergl. § 463. 
Formmängel des Bescheides berechtigen das Gericht nicht, ohne Entscheidung 
in der Sache selbst den Bescheid aufzuheben oder das Verfahren einzustellen. 
Gerichtliches Verfahren. 
*. 460. Wird auf gerichtliche Entscheidung angetragen, so übersendet 
die Verwaltungsbehörde, falls sie nicht den Strafbescheid zurücknimmt, die 
Akten an die zuständige Staatsanwaltschaft, welche sie dem Gerichte vorlegt. 
Die Staatsanwaltschaft ist zur Zurücknahme des Bescheides nicht befugt. 
§ 461. In betreff der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand finden 
die Bestimmungen des § 455 entsprechende Anwendung. 
§ 462. (Auszug.) Bei rechtzeitigem Antrag Hauptverhandlung vor 
dem zuständigen Gerichte ohne Anklageschrift.
	        
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