Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen. 117 
Der Anspruch auf Entschädigung ist ausgeschlossen, wenn der Verurteilte 
die frühere Verurteilung vorsätzlich herbeigeführt oder durch grobe Fahrlässig— 
keit verschuldet hat. 
Die Versäumung der Einlegung eines Rechtsmittels ist nicht als Fahr— 
lässigkeit zu erachten. 
Gegenstand des Ersatzes. 
§ 2. Gegenstand des dem Verurteilten zu leistenden Ersatzes ist der 
für ihn durch die Strafvollstreckung entstandene Vermögensschaden. 
Unterhaltungsberechtigten ist insoweit Ersatz zu leisten, als ihnen durch 
die Strafvollstreckung der Unterhalt entzogen worden ist. 
Zahlungspflichtiger Staat. 
§* 3. Die Entschädigung wird aus der Kasse desjenigen Bundesstaats 
gezahlt, bei dessen Gerichte das Strafverfahren in erster Instanz anhängig war. 
Bis zum Betrage der geleisteten Entschädigung tritt die Kasse in die 
Rechte ein, welche dem Entschädigten gegen Dritte um deswillen zustehen, weil 
durch deren rechtswidrige Handlungen seine Verurteilung herbeigeführt war. 
Gerichtsbeschluß über Zahlungspflicht. 
§ 4. Ueber die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung wird 
durch besonderen Beschluß des im Wiederaufnahmeverfahren erkennenden Ge- 
richts Bestimmung getroffen. 
Der Beschluß ist von dem Gerichte gleichzeitig mit dem Urteile zu fassen, 
aber nicht zu verkünden, sondern durch Zustellung bekannt zu machen. Der 
Beschluß unterliegt nicht der Anfechtung durch Rechtsmittel. Er tritt außer 
Kraft, wenn das Urteil aufgehoben wird. 
Verfolgung des Anspruchs. Verfahren. 
§ 5. Wer auf grund des die Verpflichtung der Staatskasse zur Ent- 
schädigung aussprechenden Beschlusses einen Anspruch geltend macht, hat diesen 
Anspruch bei Vermeidung des Verlustes binnen drei Monaten nach Zustellung 
des Beschlusses durch Antrag bei der Staatsanwaltschaft zu verfolgen. Der 
Antrag ist bei der Staatsanwaltschaft desjenigen Landgerichts zu stellen, in 
dessen Bezirk das Urteil ergangen ist. 
Ueber den Antrag entscheidet die oberste Behörde der Landesjustiz- 
verwaltung. Eine Ausfertigung der Entscheidung ist dem Antragsteller nach 
den Vorschriften der Zivilprozeßordnung zuzustellen.
	        
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