Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

140 III. Strafgesetzbuch. — Erster Teil. 
Die Verurteilung ist nicht ausführbar z. B. bei Tod, Ab— 
wesenheit, unbekannt. Aufenthalt, Verjährung, bei d. gesetzl. Straf ausschließungs— 
gründen der §§ 55—59. 
2. Abschnitt. 
Versuch. 
Begriff des Versuchs. 
§ 43. Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, 
durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens 
oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen 
oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuches zu bestrafen. 
Der Versuch eines Vergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft, 
in welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. 
Der Versuch ist nur möglich bei vorsätzlichen, nicht bei fahrlässigen 
Straftaten; es gibt nur einen vorsätzlichen, keinen fahrlässigen Versuch. Da 
die „Ausführung“ einer Straftat in der Vornahme aller derjenigen 
Handlungen besteht, welche ihren Tatbestand erfüllen, so ist mit der Aus- 
führung begonnen, sobald eine dieser Handlungen vorgenommen worden 
ist. Z. B. Jemand spiegelt seine nicht vorhandene Zahlungsfähigkeit vor, 
um Kredit zu erlangen; in diesem Augerblicke schon wird er entlarvt: ver- 
suchter Betrug. Vor dem „Anfang der Ausführung“ liegen oft noch 
weitere Handlungen des Täters, sogenannte Vorbereitungshandlungen, 
welche straflos sind, wenn sie nicht selbständige Straftaten bilden. Der 
Mörder kauft sich einen Revolver und begibt sich nach dem erwählten Tatort; 
hier liegt nur ev. verbotenes Waffentragen vor. 
Der Versuch eines Verbrechens ist stets, der Versuch eines Vergehens 
nur dann strafbar, wenn das Gesetz dies ausdrücklich sagt. Strafbar ist 
nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts der Versuch am untauglichen 
Objekt; der Täter ersticht einen Menschen, der eine Minute vorher bereits 
am Herzschlag verstorben war; oder eine Frauensperson, die sich irrtümlich 
für schwanger hält, nimmt ein Abtreibungsmittel ein. Ebenso der Versuch 
mit untauglichen Mitteln: jemand will einen anderen erschießen, welcher 
aber einen kugelsicheren Panzer trägt, oder die Schwangere nimmt ein Mittel 
ein, welches sie irrtümlich für ein Abortivmittel hält. Endlich ebenso der 
Versuch mit untauglichem Mittel am untauglichen Objekt: 
Die Nichtschwangere nimmt in der irrtümlichen Annahme ihrer Schwanger- 
schaft ein Mittel ein, das sie ebenfalls für ein Abtreibungsmittel irrtümlich 
hält. Bestraft wird der böse Wille des Täters. Die ganze Lehre ist sehr 
bestritten. 
Ein versuchtes Verbrechen kann zugleich ein vollendetes Vergehen sein, 
z. B. der versuchte Einsteigediebstahl ein vollendeter Hausfriedensbruch.
	        
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