148 III. Strafgesetzbuch. — Erster Teil.
Die Freiheitsstrafe ist in besonderen, zur Verbüßung von Strafen
jugendlicher Personen bestimmten Anstalten oder Räumen zu vollziehen.
Die mildere Bestrafung der Jugendlichen erfolgt wegen ihrer intel—
lektuell und ethisch verminderten Zurechnungsfähigkeit.
Taubstumme.
8 58. Ein Taubstummer, welcher die zur Erkenntnis der Strafbarkeit
einer von ihm begangenen Handlung erforderliche Einsicht nicht besaß, ist frei-
zusprechen.
Zuzurechnende Tatumstände.
§ 59. Wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung das Vor-
handensein von Tatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Tatbestande
gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm diese Umstände nicht zu-
zurechnen.
Bei der Bestrafung fahrlässig begangener Handlungen gilt diese Bestim-
mung nur insoweit, als die Unkenntnis selbst nicht durch Fahrlässigkeit ver-
schuldet ist.
Dem Täter können nur diejenigen Tatsachen zugerechnet werden, die er
wirklich kennt. Z. B. er weiß nicht und nimmt auch nicht an, daß das un-
züchtig berührte und körperlich sehr entwickelte Mädchen noch unter 14 Jahre
oder daß die Verführte noch unter 16 Jahre alt ist. Der Dieb, welcher den
zur Eröffnung eines verschlossenen Behältnisses verwendeten falschen Schüssel
irrtümlich für den richtigen Schlüssel hält, kann nur wegen einfachen, nicht
wegen schweren Diebstahls bestraft werden. Es kommt nicht darauf an, ob
der Irrtum ein verschuldeter oder unverschuldeter ist. Diesem Irrtum über
Tatsachen steht der Rechtsirrtum gleich, sofern er auf nichtstrafrecht-
lichem, z. B. zivilrechtlichem oder verwaltungsrechtlichem Gebiete liegt. Wer
über die zivilrechtliche Befugnis, seinen Dienstboten einzusperren, irrt, kann
nicht wegen Freiheitsberaubung bestraft werden. Irrtum über das Strafrecht
schützt nicht vor Strafe.
Anrechnung von Untersuchungshaft.
§ 60. Eine erlittene Untersuchungshaft kann bei Fällung des Urteils
auf die anerkannte Strafe ganz oder teilweise angerechnet werden.
Die Untersuchungshaft kann, d. h. nach dem Ermessen des Richters,
angerechnet werden. Der Ausspruch über die Anrechnung hat im Urteile zu
erfolgen; nach der Urteilsverkündung ist dies nicht mehr möglich.
Strafantrag.
§ 61. Eine Handlung, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, ist
nicht zu verfolgen, wenn der zum Antrage Berechtigte es unterläßt, den Antrag
binnen drei Monaten zu stellen. Diese Frist beginnt mit dem Tage, seit